Die Präsidenten Frankreichs und Russlands haben sich gestern in Versailles getroffen. Emmanuel Macron kritisierte insbesondere die russischen Medien Sputnik und Russia Today. Ein Bericht von EURACTIV France.
Am Ende des diplomatischen Marathons mit dem NATO-Gipfel in Brüssel und dem G7-Treffen in Italien, hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gestern den russischen Präsidenten Wladimir Putin im Palast von Versailles empfangen.
Das Treffen fiel auf den 300. Jahrestag des Besuchs von Zar Peter dem Großen in Frankreich. Die beiden Länder sind bemüht, ihre Zusammenarbeit und den Dialog wieder zu intensivieren, nachdem das Verhältnis unter Macrons Vorgänger François Hollande kühl war.
Besonders schlecht stand es um die Beziehungen zwischen Paris und Moskau im Oktober, als Putin einen Besuch absagte, während dessen er eigentlich eine neue orthodoxe Kirche hätte einweihen sollen. Seine Entscheidung war eine Reaktion auf die deutliche Kritik Frankreichs an den russischen Aktivitäten in Syrien.
Seitdem wurden die Gespräche zwar weiterhin im sogenannten Normandie-Format geführt, allerdings nur telefonisch. Beim gestrigen Treffen unterstrich Macron, es gebe „keine andere Möglichkeit als den Dialog mit Russland“. Peter der Große stehe symbolisch “für das Russland, das sich nach Europa öffnen möchte”. Der französische Präsident unterstrich: „der Dialog zwischen Frankreich und Russland hat niemals aufgehört (…) Es gibt kein einziges fundamentales Thema, dass ohne Russland diskutiert werden könnte.“
Ukraine, Syrien und russische Prioritäten
Die beiden Präsidenten sprachen lange über Terrorismus sowie über Syrien und die Ukraine, wobei sie in den letzten beiden Punkten offensichtlich verschiedene Sichtweisen hatten.
“Unsere Top-Priorität ist der Kampf gegen den Terror und die Auslöschung des IS. Deswegen möchte ich unsere Partnerschaft mit Russland stärken”, erklärte Macron. Putin fügte hinzu, auch die Ukraine-Krise könne nicht ohne den Kampf gegen Terroristen, die er die “Plage des 21. Jahrhunderts” nannte, gelöst werden.
Bezüglich der Ukraine äußerte Macron die Hoffnung, man könne bald einen Austausch im Normandie-Format über das Abkommen von Minsk und einen detaillierten Bericht der OSZE starten.
Putin schnitt das Thema Sanktionen an und nannte sie “inakzeptabel” in internationalen Verhandlungen. Sie müssten aufgehoben werden, um die verfahrene Situation in der Ukraine aufzulösen. Macron blieb jedoch auf EU-Linie und machte deutlich, dass es ohne vorherige Fortschritte keine Aufhebung der Sanktionen, die hauptsächlich russische und ukrainische Geschäftsleute treffen, geben wird. Auch weitere Sanktionen schloss er nicht aus.
Beim Thema Syrien einigten sich die beiden Führer darauf, eine gemeinsame Arbeitsgruppe zu schaffen. Macron warnte, dass jeglicher Gebrauch chemischer Waffen in dem Land eine direkte Antwort provozieren würde. Während Putin sich nicht über klare rote Linien äußern wollte, setzte der Franzose damit genau solch eine.
Pragmatischer und multilateraler Ansatz
Obwohl Macron ebenfalls nicht als “Putinversteher” gilt, nahm er eine sehr viel pragmatischere Haltung ein, als sein Vorgänger Hollande. Dies geschah sicherlich auch auf Empfehlung seines diplomatischen Beraters, dem Russlandexperten Philippe Etienne.
Dennoch spiegelt die Beziehung zwischen den Staatsoberhäuptern die grundlegenden Meinungsverschiedenheiten der beiden Regierungen wieder. Dass diese Beziehung überhaupt noch existiert, liegt auch am Realismus der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, die dieses Wochenende warnte, Europa müsse sein Schicksal selbst in die Hände nehmen und könne sich nicht mehr auf die USA verlassen.
In diesem Zusammenhang kann auch das gestrige Treffen in Versailles so interpretiert werden, dass die Wahl Donald Trumps de facto eine Annäherung zwischen Russland und Europa ermöglichen könnte. Trotzdem war das Treffen nur ein erster Schritt in einem multilateralen Ansatz. Die Aufhebung der Sanktionen ist für die EU noch kein Thema, auch wenn sie für Russland das wichtigste Thema sind.
Macron attackiert russische Propaganda
Eine Quelle aus dem Umfeld Macrons machte deutlich, dass “die französische Priorität Deutschland und das europäische Projekt ist, während Moskau auf eine Disintegration Europas abgezielt hat”. Die Beziehungen mit Russland hätten für Paris daher keine Top-Priorität.
Der glühende Anhänger des europäischen Projekts Macron war während des Wahlkampfes Angriffsziel von Hackern aus dem Umfeld des Kremls gewesen. Auch die Medienseiten Russia Today und Sputnik, die vom russischen Verteidigungsministerium finanziert werden, attackierten Macrons En Marche! Bewegung von allen Seiten. Zum Ende des Wahlkampfes hin untersagte die En Marche! Vertretern dieser Medien Zugang zu ihren Veranstaltungen.
Auf diese Zugangssperre angesprochen, äußerte Macron seine Verärgerung über die beiden Seiten. “Russia Today und Sputnik haben sich (während des Wahlkampfes) nicht wie Presseorgane verhalten, sondern wie einflussnehmende Propagandakanäle. Das ist absolut inakzeptabel,” so der junge Präsident, der sich sichtlich über das Thema echauffierte. Er stellte jedoch auch klar, dass die internationale Presse zu all seinen Auftritten Zugang habe.
Macron verriet, dass er in einem Telefonat mit Putin kurz nach seinem Wahlsieg das Thema angesprochen und es beim gestrigen Treffen aus Pragmatismus nicht wieder aufgegriffen hatte. Von russischer Seite gebe es zu dem Punkt ohnehin nichts zu sagen, weil Moskau sich nicht in den Wahlkampf eingemischt habe, so Putin. “Wer sagt denn, dass die Hacker russisch waren, dass sie aus Russland kamen? Wir wissen es nicht.”
Menschenrechte
Macron sprach auch das Thema Menschenrechte und die Verfolgung von Homosexuellen in Tschetschenien an. “Ich habe mehrere Punkte dargelegt, darunter die Wichtigkeit, dass alle Minderheiten sowie die Rechte von LGBT in Tschetschenien und NGOs in Russland respektiert werden. Ich habe die französischen Erwartungen in diesen Punkten deutlich gemacht. Präsident Putin versicherte mir, dass er Schritte unternommen hat, um in diesen Feldern Klarheit zu schaffen,“ so Macron nach dem Treffen.
Von Aline Robert, (EURACTIV.fr 30.Mai 2017) übersetzt von Tim Steins