Spanische Medien wiederholen abermals Geschichten wonach sie den ukrainischen Fußballspieler Roman Zozulya des Nazismus bezichtigen. StopFake entlarvte ähnliche Vorwürfe bereits vor sechs Monaten, als spanische Medien behaupteten, dass das ukrainische Staatswappen Gerb ein Symbol von Ultranationalismus sei und dass Zozulyas Tätowierungen Zeichen für seine Sympathie zur Neonazi-Ideologie wären. Damals hatte ein Reporter sein T-Shirt fälschlicherweise als Symbol der rechtsextremen Gruppierung Pravy Sektor identifiziert. Eine Einschätzung, die sich nun in anderer Form wiederholen sollte.
Aber der Reihe nach. Was war geschehen, zu Ende der Winter-Transferperiode verpflichtete der traditionelle links eingestellte spanische Zweitligist Rahyo Vallecano den bisher bei Betis Sevilla eher glücklos agierenden Zozulya. Zozulya selbst ist ukrainischer Nationalspieler und war früher bei FC Dnipro in Dnipropetrovsk aktiv, bevor er zu Betis wechselte. Dort absolvierte der Stürmer bisher sechs Spiele ohne Trefferausbeute. Nachdem die Verpflichtung öffentlich bekannt wurde, bezichtigte die links eingestellte Ultra-Fangruppierung Bukaneros Zozulya nun postwendend wieder des Nazismus. Ihr flammender Tweet vom zweiten Februar verbreitete sich annährend zweitausendfach. Die ADRV Fußball-Plattform nennt Zozulya einen „bekannten Nazi” und erklärt, dass er aktiv rechtsradikale Gruppen unterstütze und auch „faschistische Freiwilligenbataillonen“ finanziere. „Die Symbole, die er trägt”, zeigen dies, behauptet die Plattform.
Die El Espanol-Veröffentlichung verbreitet eine ähnliche Geschichte und behauptet, dass Zozulya rechtsradikale Einstellungen habe und ein nationalsozialistisches System in seinem Heimatland Ukraine propagiere. Etwas, was nach El Espanol noch vielfach in anderen Medien verbreitet werden würde. El Confidencial, Sputnik Mundo, Libertad Digital, PlaygroundMag und andere verbreiteten Geschichten zu diesem Vorwurf.
Die Ultra-Gruppierung Bukaneros und die ADRV tätigten ihre Behauptungen in der Absicht die Verpflichtung von Zozulya und die Unterzeichnung des Vertrages zwischen Rahyo Vallecano mit dem ukrainischen Stürmer zu unterbinden.
Darauf hin, sah sich das Management von Rahyo Vallecano genötigt um eine Stellungnahme von Zozulya zu bitten um die Äußerungen der Medien zu entkräften. Zozulya erklärte seine Position und erinnerte die Vereinsführung dass er bereits früher als Nazi gebrandmarkt wurde, weil er das ukrainische Staatwappen, das Gerb getragen hatte. „Leider kam es bei meiner Ankunft in Spanien im vergangenen Sommer zu einem grundlegenden Missverständnis, ausgelöst durch einen Journalisten, der sehr wenig über mein Land und meinen eigenen politischen Hintergrund weiß. Als ich am Flughafen von Sevilla landete, trug ich ein T-Shirt, das mit einem ukrainischen Wappenschild und einigen Textzeilen des Poeten Taras Schewtschenko bedruckt war. Aber ich unterstütze weder irgendeine paramilitärische Organisation, noch eine nationalsozialistische Idee.“ Als Resultat der nun immer größer werdenden Anschuldigungen, wurde Zozulya ohne einen Tag bei Rahyo verpflichtet zu sein, sofort vom Verein ausgeschlossen. Zozulya wird aber auch bei Betis nicht spielen können, das das Transferfenster offiziell beendet ist. Das heißt er wird in dieser Saison gar nicht mehr spielen können, weder für Betis noch für Rahyo.
Das Symbol der Ukraine, der Gerb (ähnlich dem Dreizack), war niemals ein Symbol des Nationalsozialismus und stammt als ukrainisches Nationalattribut aus der Zeit des mittelalterlichen Kiewer-Rus. Jedoch wird Zozulya beschuldigt, ein Nazi für das Tragen des ukrainischen Äquivalents des Union Jacks zu sein.
Die Sportseite Marca behauptet auch unkorrekter Weise, dass Zozulya Fond Narodna Armia ukrainische Paramilitärs bzw. Freiwilligenverbände militärisch unterstütze.
Narodna Armia-Vertreter erklärten StopFake auf Nachfrage, dass Zozulya Fonds die ukrainische Streitkräfte mit Nahrung, Kleidung und technischer Ausrüstung unterstützte, sowie Familien von Militärkräften helfen. Momentan gibt es keine militärischen Freiwilligenformationen in der Ukraine mehr, die nicht in die Verteidigungs- oder Innenministeriumsstrukturen integriert wurden. Die Freiwilligenbataillone bildeten sich nach der russischen Annexion der Krim 2014 und dem Beginn des Donbas-Krieges in der Ostukraine.
Im Jahr 2016 zeichnete das ukrainische Verteidigungsministerium, die Freiwilligengruppe Narodna Armia mit einer speziellen Würdigung für deren Unterstützung für das ukrainische Militär aus.
Insgesamt zeigt sich in diesem Fall die Problematik, dass Medien nach einer Fehlwahrnehmung ihre begangene Fehleinschätzung (Gerb = Pravy Sektor = Neonazi) nicht revidieren können bzw. ist eine Behauptung erstmal in der Welt, ist sie umso schwerer wieder einzufangen, wie wir an diesem Fall sehr eindeutig sehen können. Außerdem zeigt sich aber auch, dass sich einige Sportmedien eben nicht in politischen Sphären der Ukraine auskennen bzw. nicht ausreichend recherchieren. Es wäre deswegen gut sich der journalistischen Sorgfaltspflicht zu widmen und sich genauer über die politischen Gegebenheiten im Land vertraut zu machen, bevor Mutmaßungen und unausgegorene Verdächtigungen ausgesprochen werden.
Ein Beispiel dafür stellt ein Artikel des Fußballmagazins 11Freunden dar, der wie folgt über die Ukraine doziert: „Allgemein ist die politische Großwetterlage in der kriegs- und krisengeplagten Ukraine eher donnernd. Seit der russischen Annexion der Halbinsel Krim und dem mutmaßlich von Putin befeuerten Aufstand russischer Separatisten im Osten des Landes sind die Übergänge zwischen Patriotismus und Rechtsextremismus fließender denn je. Irgendwo in diesem Spektrum dürfte auch Zozulya anzusiedeln sein. Er selbst bezeichnet sich gern als »vaterlandstreu«.“
Das Wort „mutmaßlich von Putin befeuert“, kann dabei mittlerweile aus dem Artikel entfernt werden. Außerdem sollte eine Verortung „irgendwo in diesem Spektrum“ nicht ausgesprochen werden, wenn diese nicht mit Beweisen oder Aussagen genauer belegbar ist. Zozulya sammelt Geld für die Unterstützung der ukrainischen Armee und trägt das ukrainische Staatswappen auf seinem T-Shirt. Alles Darüberhinausgehende an Vermutungen sollte mit Zitaten und Belegen überprüfbar sein.