Illustration: UCMC

Kiew, 16. Mai 2017. Der ukrainische Präsidenten Petro Poroschenko hat einen Erlass über neue Sanktionen gegen Russland unterzeichnet. Sie sehen unter anderem die Sperrung des Zugangs zu den russischen sozialen Netzwerken VKontakte und Odnoklassniki (Klassenkameraden) sowie des Internet-Dienstleisters Yandex vor. Ein entsprechender Erlass wurde auf der Webseite des Präsidenten veröffentlicht. Darin heißt es unter anderem, der Zugang zu den Internetseiten werde für drei Jahre gesperrt. Die ukrainischen Internetprovider müssten zudem den Zugang zu Diensten von Mail.ru blockieren.

Weitere Wirtschaftssanktionen sind auch gegen die folgenden größten russischen Fernsehsender verhängt worden: TV Center, WGTRK (Allrussische staatliche Fernseh- und Radiogesellschaft), NTW-Plus, Swesda, TNT und REN-TV. Es sollen Vermögenswerte eingefroren sowie Transaktionen verboten werden. Auch soll die Verbreitung der Sender in der Ukraine unterbunden werden.

Pro Monat nutzen in der Ukraine fast 12 Millionen Menschen das russische Netzwerk VKontakte und fünf Millionen Odnoklassniki – also insgesamt rund 17 Millionen. Das sind 40,5 Prozent der 42 Millionen Einwohner der Ukraine. Die Bevölkerung wird diese Maßnahmen negativ auffassen, wodurch das Misstrauen gegenüber der Regierung zunehmen wird.

Reaktionen aus Medien- und Expertenkreisen

Journalisten und Medienexperten sind geteilter Meinung, was die Sperrungen angeht. Die meisten Medienvertreter zeigen sich empört über den Erlass und sehen in ihm einen Angriff auf die Meinungsfreiheit. “Wir verwandeln uns in Russland, aber ohne Öl zu haben”, sagte über das Verbot der ukrainische Philosoph Mychajlo Minnakov.

Andere Experten freuen sich hingegen offen über den Erlass. “Wenn es gelingt, ihn umzusetzen, dann wird dies der größte Beitrag zum Schutz der Souveränität der Ukraine im Informationsbereich sein”, sagte über den Erlass des Präsidenten der Gründer der Webseite StopFake, Jewhen Fedschenko.

Vitalij Moros, Leiter der Abteilung für Neue Medien der gesellschaftlichen Organisation Internews Ukraine wies darauf hin, mit dem Erlass wolle der ukrainische Staat auf die Bedrohung im Informationsbereich antworten. Die Bedrohung sei real. Aber der Experten bezweifelt, dass der Erlass eine gute Antwort ist. “Das wird ein deutlicher Schlag gegen die Freiheit im Internet in der Ukraine sein. Das Land wird in den Augen der internationalen Gemeinschaft deutlich an Ansehen verlieren”, so Moros.

Viele Experten weisen darauf hin, dass es im 21. Jahrhundert unmöglich ist, den Zugang zum Internet physisch zu beschränken, wenn man keine landesweite Firewall wie China hat. “In der Ukraine gibt es Hunderte Internetprovider, die – was Sperrungen angeht – eher Gerichtsurteilen folgen. Ein Gerichtsentscheid ist ein guter Grund, weil er auf konkreten Straftaten basiert. Aber um den Zugriff auf Webseiten zu beschränken, sind große Kapazitäten auf Kosten der Provider nötig. Ich glaube, dass es physisch unmöglich sein wird, den Erlass umzusetzen”, betonte Moros.

Mit dem Stand des Jahres 2016 ist in acht Ländern Facebook, in zwölf Ländern der Messenger WhatsApp und in vier Ländern Telegram verboten. Die strengsten Einschränkungen bestehen in China, Syrien, im Iran, in Äthiopien, Usbekistan, Kuba, Saudi Arabien und Bahrain. Die Freiheit im Internet in der Ukraine gilt nach wie vor als “teilweise frei”.

Quelle: Ukraine Crisis Media Center