Das russische Nachrichtenportal RT auf Deutsch hat diese Woche einen manipulativen Artikel veröffentlicht, in dem ein Interview mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko für die Rheinische Post manipulativ zusammengefast wird. RT auf Deutsch ist Teil eines multilingualen Fernsehnachrichten-Netzwerks mit Sitz in Berlin und Moskau, welches komplett von der russischen Regierung finanziert wird.
Befassen wir uns mit den Techniken dieser Manipulation genauer:
Der Titel des RT-Artikels scheint ein Poroschenko-Zitat zu sein – “Deutschland steht treu zur Ukraine bis zum Sieg”. Aber wenn man das Originalinterview in der Rheinischen Post liest, stellt man fest, dass Poroschenko diesen Satz niemals gesagt hat. Stattdessen sagt der ukrainische Präsident nur am Ende des Gesprächs mit Matthias Beermann, dem RP-Chefkorrespondent: „Deutschland hat in diesen schweren Jahren immer treu zu uns gestanden. Nicht nur, was den Konflikt mit Russland angeht, sondern auch bei der Modernisierung der Ukraine“. Diese Aussage ist wahr, da Deutschland durchaus dafür bekannt ist, Arbeit von zahlreichen deutschen staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen zu unterstützen, die für Entwicklung des Reformprozesses, der Unterstützung Zivilgesellschaft, und humanitäre Projekte in der Ukraine tätig sind.
Das Wort „Sieg“ hat RT-Journalist Wladislaw Sankin so stark empört, so dass er es sogar in den Titel gebastelt hat. Poroschenko hat jedoch über einen möglichen „Sieg“ in einem ganz anderen Kontext im Beginn des Interviews geredet. Auf die Frage vom Interviewer Matthias Beermann , wie Poroshenko über Friedensaussichten im Donbas denkt, antwortet der ukrainische Präsident: „Und als ihr Präsident bin ich ja praktisch dazu verpflichtet, die Hoffnung auf einen Sieg in diesem Konflikt zu verkörpern“. Und erklärt danach weiter: „Ja, aber einen, den wir nicht mit militärischen, sondern mit diplomatischen und politischen Mitteln erzielen wollen“. Der RT-Autor „vergisst“ interessanterweise Poroschenkos Formulierung die Absicht einer „diplomatischen und politischen“ Lösung des Konflikts anzustreben. Diese Version einer friedlichen Lösung des Konflikts würde tatsächlich die immer wieder von russischen Medien wiederholten Narrative, dass der ukrainischen Präsident von Krieg profitiert, in Frage stellen.
Pro-russischer Lobbyismus in Deutschland
Der RT-Artikel leugnet weitere Aussagen von Poroschenko, dass in Deutschland eine prorussische Lobby agiere und dass die Gaspipeline Nord Stream 2 „wirtschaftlich völlig unsinnig“ ist. Dagegen stehen aber zahlreiche Fakten, die über die Versuche russischer Einmischung über eine aktive pro-russische Wirtschaftslobby nicht nur in Deutschland, sondern auch in ganz Europa, sprechen. Zudem hatte einer aktuellen Analyse vom Juli diesen Jahres das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung festgestellt, das in Bezug auf die Erdgasversorgung die zweite Ostseepipeline Nord Stream 2 überflüssig ist.
So heißt es in der Zusammenfassung der Analyse:
„Die geplante Ostseepipeline Nord Stream 2 ist zur Sicherung der Erdgasversorgung nicht notwendig. Deutschland und Europa verfügen bereits jetzt über ein gut ausgebautes Netzwerk von Pipelines und Lieferregionen, das weiter diversifiziert und darüber hinaus im Bedarfsfall durch Flüssiggaslieferungen ergänzt werden kann. Sowohl die deutsche als auch die europäische Erdgasversorgung ist damit krisenfest.“
Diese offensichtlichen Beweise ignoriert aber der RT-Autor geflissentlich. Stattdessen nimmt der Journalist an, dass das Interview mit der deutschen Zeitung „nicht etwa eine Lobbyagentur im Dienste…einfädelte“. Damit wechselt RT die Aufmerksamkeit der Leser von tatsächlichen aktiven russischen Lobbyismus im Westen auf ein angebliches ukrainische Lobbying im Westen, von deren Existenz und Einfluss die russische Seite nur mit selbstproduzierten RT-Artikel unterstützen kann.
Sanktionen gegen Russland
Das Thema der westlichen Sanktionen gegenüber Russland ist ein schmerzhafter Punkt für alle pro-Kreml Medien, die in ihren Artikeln oft über die angebliche Sinnlosigkeit solcher Sanktionen berichten. Der präsentierte RT-Artikel wird auch nicht zur Ausnahme dieser Tendenz. Dabei wirft der Journalist Wladislaw Sankin nicht nur dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko Propaganda vor, sondern gleich auch dem deutschen Korrespondenten der RP Matthias Beermann, nur weil die Gesprächspartner über Wichtigkeit anti-russischer Sanktionen reden: „Spielend warfen sich also der Fragende und der Befragte die Bälle politischer Propaganda zu.“ In diesem Artikel will RT betonen, dass Sanktionen gegen Russland keine Wirkung haben, weder auf politischer noch in wirtschaftlicher Hinsicht innerhalb Russlands. Dagegen sprechen jedoch mehrere Forschungsbeiträge und analytische Artikel – wonach die westliche Sanktionen gegen Russland klar wirken (Studie, Stiftung für Wissenschaft und Politik, 05-2018). Und nur deswegen ist dieses Thema extrem wichtig für die pro-Kreml Medien.
Der Ton des RT-Artikels bleibt wie von RT gewöhnt strikt anti-westlich und zielt darauf ab die Beziehungen zwischen Russland und Deutschland zu verschärfen. Der Kommentar, dass Deutschland der Ukraine immer „treu zur Seite gestanden hat“, betont der RT-Journalist, seiner Meinung nach wäre „die Bundesrepublik im Ukraine-Konflikt in Wirklichkeit keine Vermittlerin ist,.. sondern eine Partei im langjährigen antirussischen geopolitischen Spiel“.
Ein „langjähriges antirussisches geopolitisches Spiel“ bedeutet für Deutschland die Nicht-Anerkennung der Krim-Annexion von Russland, die 2014 alle internationalen Regeln verletzt hat. Zudem forderte Deutschland wiederholt, alle russischen Soldaten aus dem ukrainischen Donbas abzuziehen und die russische Unterstützung mit Waffen und Ausrüstung für die sogenannten „Seperatisten“ einzustellen. Dass Russland selbst mehrfach die territoriale Integrität eines Nachbarlandes verletzt hat, erwähnt RT natürlich nicht.