Die NATO will Europa destabilisieren – das waren die russischen Headlines auf die wachsende Präsenz der NATO auf dem Balkan. Izvestia, RT und Moskowskij Komsomolez läuteten mit irreführenden Aussagen alle Alarmglocken über die NATO-Präsenz auf dem Balkan.
Ausgangspunkt der russischen Medienberichte waren Forderungen einiger Vertreter der parlamentarischen Versammlung der NATO: Angesichts der gestiegenen Sicherheitsbedrohungen durch Russlands Vorgehen in Osteuropa sowie der anhaltenden Terrorismusgefahr, hatten einige Politiker die NATO-Staaten gefordert, auf dem bevorstehenden NATO-Gipfel Einigkeit zu zeigen. Die Erklärung der Parlamentarier fordert auch die Integration der Ukraine und Georgiens in die NATO, sowie einen Reformplan für Bosnien und Herzegowina zur Vorbereitung auf die bevorstehende NATO-Mitgliedschaft.
Nach Veröffentlichung dieser Erklärung begannen russischen Medien, Geschichten zu verbreiten, in denen die NATO beschuldigt wurde, auf Taktiken des Kalten Krieges zurückzugreifen. In einem Interview mit Izvestia erklärte der stellvertretende russische Außenminister Alexander Gruschko, die NATO-Erweiterung solle der Vergangenheit angehören.
„Die Politik der offenen Tür hat der NATO nicht ein einziges Problem gelöst. Sie hat die Situation sowohl auf regionaler als auch auf europäischer Ebene nur verschärft. Anstatt ein integratives Sicherheitssystem auf dem Balkan aufzubauen, ist der NATO-Beitritt der Weg zu einer Verschlechterung der Beziehungen und von zunehmenden Spannungen“, so Gruschko.
Am 27. Mai berichtete Polens größtes Webportal Onet über den polnischen Vorstoß für die Errichtung einer permanenten US-Militärbasis in Polen. Unter Berufung auf Quellen aus dem polnischen Verteidigungsministerium schrieb Onet, dass Polen bereit war und ist, bis zu 2 Milliarden Dollar in die zukünftige Basis zu investieren. In einem vom Ministerium vorgelegten Dokument, wird die Notwendigkeit einer solchen US-Präsenz erklärt:
„Nach den russischen Invasionen in Georgien und in der Ukraine sind die Länder Mittel- und Osteuropas besorgt, dass sie als nächstes im Fadenkreuz Moskaus stehen“, heißt es in dem öffentlichen Dokument.
Der polnische Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak bestätigte, dass Warschau mit den USA über eine permanente Militärbasis berate.
Der russische Präsidentensprecher Dmitrij Peskov sagte zunächst, solche Pläne seien das „souveräne Recht Polens“, fügte aber später hinzu, dass Moskau auf diese Pläne entsprechend reagieren würde. Die Seite „Argumenty I Fakty“ hat unterdessen ihre Position in der Überschrift „Medizin gegen Paranoia in Höhe von 2 Milliarden Dollar. Warum braucht Polen eine US-Basis?“ deutlich gemacht.
In einer vorhersehbaren Wendung beschuldigte der russische Föderationsrat nun die Ukraine für alle Entwicklungen. Der Vorsitzende des russischen Verteidigungs- und Sicherheitsausschusses, Viktor Bondarev erklärte, dass die US-Basis Russland nicht schaden wird und dass Polen eigentlich wollte, dass die Basis
„ihre scharfe Konfrontation mit der Ukraine löst“. „Hier geht es nicht um Russland, Polen ist in keiner Kategorie gleichwertig. Aber was die Ukraine betrifft, mit der sich Polen in einer harten Konfrontation befindet, und auch Deutschland, das in der Vergangenheit Aggressionen gegen Polen gezeigt hat, wird eine US-Basis den Wuchs Polens erhöhen“, sagte Bondarev.
Die Welle an manipulativen Geschichten über die angebliche Destabilisierung Europas durch die NATO, setzte sich mit einer Geschichte vom 31. Mai bei RT fort, in der behauptet wurde, dass Washington in großer Zahl militärische Ausrüstung nach Polen einführe. Einige Tage zuvor hat der russische Außenminister Sergej Lavrov angekündigt, dass die NATO-Truppen verdächtige Aktivitäten durchführen würden.
In der Tat sind NATO-Truppen wirklich auf dem Weg nach Polen. Die NATO-Militärübungen auf Trainingsplätzen in Estland, Lettland, Litauen und Polen mit rund 18.000 Soldaten und 19 Ländern beginnen am 3. Juni und dauern bis zum 15. Juni.
Estnische, lettische, litauische, polnische und US-Beamte haben aber im Vorfled wiederholt über die bevorstehenden militärischen Übungen gesprochen. Sergej Lavrov zog es vor, diese Aussagen zu ignorieren und nannte die Übungsvorbereitungenstattdessen „destruktive Aktionen“ der NATO an den Grenzen Russlands, die „Anlass zur Sorge geben“.