Am 15. August veröffentlichte die amerikanische Medienseite MintPress News einen Artikel mit dem Titel „Rechtsextremen von Charlottesville wurden verurteilt, in der Ukraine und Syrien wurden sie finanziert und bewaffnet” (Original: “Right Wing Extremists Condemned In Charlottesville, Funded And Armed In Ukraine And Syria”).

Wie auch in deutschen Medien breit berichtet wurde, wurde am 14. August in der amerikanischen Stadt Charlottesville der Ausnahmezustand verhängt, nachdem gewalttätige Ausschreitungen zwischen rechtsextremen Gruppen ihren Gegnern in der Stadt stattfanden. Viele US-Politiker, darunter auch Präsident Trump, verurteilten mehr oder minder deutlich die Aktionen der Neonazis. So auch Senator John McCain, der den Rassismus der Neonazis scharf verurteilte.

Jedoch haben die Reporter von MintPress News nun US-Politiker „Inkonsistenzen“ attestiert, da sie die rassistischen Erscheinungen in den Vereinigten Staaten negativ verurteilen würden, zugleich aber angeblich „rechtsextremistische Revolutionen“ in der Ukraine unterstützen würden. Man würde die Neonazis in den USA veurteilen, anderswo aber ein Auge zudrücken, so der Tenor. Darüber hinaus, so der Text weiter „bewaffnen sie [die USA – StopFake] ähnliche und sogar noch schlimmere Gruppen in Syrien, in der Ukraine und in Venezuela”.

Um diese Meinung zu unterstützen präsentiert die Zeitung als Beweis einige Fotos von Fackelmärschen, die von rechtsradikalen Partei “Svoboda” („Freiheit“) in der Ukraine einmal jährlich durchgeführt wird.

Im weiteren Text wird weiter behauptet: „Noch nirgendwo in den letzten Jahren haben die amerikanische Politiker so viele rechtsextreme Faschisten und sogar Neonazis so stark unterstützt, wie in der Ukraine. Im Jahr 2014, nach dem erfolgreichen Sturz des demokratisch ausgewählten Präsidenten Janukowytsch, der [Sturz, – StopFake], wurde die Macht in der Ukraine in die Hände von Milliardär und Oligarch Petro Poroschenko weitergegeben. Präsident Poroschenko hat selbst anerkannt, dass der Coup stattgefunden hat”.

Die letztere Aussage ist eine völlige Lüge und Manipulation. Es geht um eine Anfrage des Präsidenten aus dem Jahr 2015. Dabei hat Poroschenko eine Anfrage an das Verfassungsgericht der Ukraine veranlasst, um das Verfassungsrecht zur Einsicht eines Verfassungsgesetzes anzufragen, durch das Janukowitsch nach seiner Flucht entlassen wurde.

StopFake sprach mit der Sprecherin das Verfassungsgericht nach Erklärungen zu diesem Vorgang. In der Tat ist die Petition des Präsident an das Verfassungsgericht seit Juni 2015 öffentlich auf der Homepage des Gerichts verfügbar und vom 19. Oktober 2016 wurde der Fall vom Gericht geprüft. Es hat zum heutigen Tage noch keine Entscheidung über die eingebrachte Petition getroffen. Darüber hinaus gibt es in diesem Dokument keinen Hinweis auf die angebliche Anerkennung eines Staatsstreichs in der Ukraine.

Wenn Sie sorgfältig den Text der Petition von Poroschenko lesen würden, finden sie da keine Anerkennung eines „Putsches“. Im Gegenteil — der Präsident appelliert an das Verfassungsgericht und bittet darum die Verfassungsmäßigkeit der Entscheidung (über die Entziehung des Status von Präsident Viktor Janukowitsch) zu prüfen, da zum damaligen Zeitpunkt die ukrainische Verfassung kein anderes Verfahren für die Entlassung des Präsidenten, außer der Amtsenthebung, vor sah. Diese Appellation ist keine Anerkennung vom so genannten Putsch, sondern nur die Anfrage des Präsidenten, ob die Parlamentsentscheidung von 22. Februar 2014 der Verfassung entsprach.

 

 

Erste Seite der Petition Poroschenkos an das ukrainische Verfassungsgericht

Im Artikel von MintPress News wird viel über die angebliche amerikanische Unterstützung der rechtsradikalen Parteien in der Ukraine, einschließlich “Svoboda“, berichtet. Die Seite schreibt, dass „Putsch beispiellose Macht für ,Svoboda‘ ergeben hat“. Doch es wird im Artikel nicht angemerkt, dass bei den Parlamentswahlen von 2014 (gleich nach den Ereignissen auf dem Maidan) die Partei „Svoboda“ tatsächlich weniger als 5 Prozent der Stimmen erhalten hat. Die Partei ist deswegen im heutigen Parlament fast nicht präsent. Nur 6 Einzelabgeordnete, von insgesamt 450 Parlamentariern sind mittels Direktmandats ins Parlament gewählt wurden. Deswegen hat Svoboda kaum Einfluss im ukrainischen Parlament. Genauso wenig wie der rechte Sektor.

Außerdem hat US-Senator John McCain keine rechtsradikalen ukrainischen Gruppen unterstützt, wie im Artikel behauptet wird. Tatsächlich hat er nur protestierenden Maidan-Demonstranten in Kiew besucht, die damals versucht haben das Janukowitsch und Azarov Regime loszuwerden und dagegen protestierten.

MintPress News

Dazu beschuldigt die Publikation die US-Regierung (die Obama- als auch die Trump-Administration) der angeblichen Finanzierung des „offen faschistischen Regimes in Kiew“, das „ethnische Minderheiten aktiv verfolgt”. Welche ethnischen Minderheiten der Artikel im Sinn hat, bleibt unbelegt. Gleichzeitig schweigt der Artikel aber über die tatsächlichen Verfolgungen der Krimtataren durch Russland auf der Krim.

Es muss gesagt werden, dass ukrainische Medien auch sehr ausführlich über die Straßenschlachten und Fackelmärsche von Charlottesville berichtet haben, ohne dabei die Position von Rassisten oder Neonazis zu akzeptieren. Interessanterweise weisen Journalisten von „Radio Liberty“ außerdem auf russische Spuren in den Ereignissen von Charlottesville hin, nämlich auf die Tatsache, dass einer der Organisatoren des Neonazimarsches Richard Spencer sehr freundschaftliche Beziehungen zum russischen Chefideologen und Eurasier-Vordenker Alexander Dugin hat. Spencer erscheint auch regelmäßig in den Sendungen von Russia Today.

„Charlottesville und die Dugin-Fans“

Was die US-Finanzhilfen an die Ukraine angeht, so hat laut dem ukrainischen Verteidigungsministerium, die Ukraine, Stand Juli 2017, insgesamt 600 Millionen Dollar zur Entwicklung des eigenen Militärs erhalten.

Die von MintPress News veröffentliche Publikation basiert zum Großteil auf gefälschten Informationen und wurde veröffentlicht, um die Ukraine international zu diskreditieren. Zu einer Zeit in der derzeit Verhandlungen über mögliche Lieferungen von tödlichen Waffen an die Ukraine nachgedacht wird. Scheinbar hat jemand ein Interesse daran, dies zu verhindern.