Ein Gesetzentwurf zur Definition des Begriffs „indigene Völker“, der in das ukrainische Parlament eingebracht wurde, hat in den russischen Medien zu Vorwürfen der Rassentrennung und antirussischen Voreingenommenheit geführt. Das Gesetz definiert indigene Völker lediglich auf legislativer Ebene und legt die Instrumente zur Selbstbestimmung und zum Dialog mit dem Staat fest.
Die russische Ausgabe der „Komsomolskaja Prawda“ veröffentlichte am 29. Mai einen Artikel, der einem neuen ukrainischen Gesetz über indigene Völker gewidmet war. Die russische Propaganda behauptet, dass mit Hilfe dieses neuen „russophoben“ Gesetzes die ukrainischen Bürger in Kategorien eingeteilt werden und die Segregation eingeführt wird, die Zahl der Russen und Russischsprachigen reduziert und die Apartheid eingeführt wird.
Dmitri Steshin, der Sonderkorrespondent des Politikressorts der „Komsomolskaja Prawda“ behauptet, dass das vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij initiierte neue Gesetz die ukrainische Gesellschaft in mehrere Kategorien aufteilen soll: „Es ist interessant, dass die Ukrainer als Ethnie im Gesetzentwurf nicht erwähnt werden. Sie sind eine höhere Sorte, die bereits mit allen notwendigen Rechten ausgestattet ist. Hier geht es um Menschen einer niedrigeren Qualität“.
Steshin stellt das Recht der Ukraine in Frage, über die Ureinwohner der Krim zu sprechen, der ukrainischen Halbinsel, die Russland 2014 gewaltsam annektiert hat. „Was hat die Krim mit der Ukraine zu tun?“, fragt er entrüstet? Und so was, dass die Ukraine sich um den Schutz der Rechte der Krimtataren kümmert, die Karaims und die Krimtschaken, „wir hören keine Beschwerden über die Verletzung ihrer Rechte“, behauptet er. Der Zweck der Ukraine, diese Gesetzgebung vorzuschlagen, erklärt Steshin, ist es, „die Zahl der Russen und Russischsprachigen in der Ukraine zu reduzieren, da die Anwesenheit einer russischen Gemeinschaft eine Bedrohung für das ukrainische Regime darstellt“.
Die mit dem Gesetzesvorschlag eingereichte Erläuterung erklärt die Bedeutung der Anerkennung der indigenen Bevölkerung der Krim:
Im Zusammenhang mit der vorübergehenden Besetzung der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol und der ständigen Verletzung der Grundrechte und -freiheiten der ukrainischen Bürger, insbesondere der indigenen Völker, die auf dem Territorium der Krim leben, ist die Anerkennung dieser Völker durch die Ukraine als die indigenen Völker, die auf der Krim und in Sewastopol entstanden sind und sich dort entwickelt haben, von äußerster Wichtigkeit.
Laut dem stellvertretenden ukrainischen Ministerpräsidenten Oleksij Reznikow bestimmt der Gesetzesvorschlag nicht nur, dass Krimtataren, Karaiten und Krimtschaken die einheimischen Völker der Krim sind, sondern soll auch bei der umfassenden Entwicklung der Sprache, Kultur und Bewahrung der Identität dieser Völker helfen, die sie derzeit in ihrer historischen Heimat – der Krim – nicht voll entwickeln können.
Auf der Grundlage dieses Gesetzes werden die indigenen Völker das Recht haben, mit Kyjiw über ihren Wunsch nach Selbstbestimmung innerhalb des ukrainischen Staates zu sprechen. Auf der Grundlage dieses Gesetzes „wird der Staat die Aktivitäten der indigenen Völker in ihren Organisationen und Instituten unterstützen. Die Krimtataren haben jahrelange Erfahrung mit solchen Aktivitäten durch ihr nationales Parlament, den Kurultai, und sein Exekutivorgan, den Medschlis. In diesem Gesetz geht es um die konkrete Unterstützung und Finanzierung der kulturellen Rechte“, erklärte der stellvertretende Vorsitzende des Medschlis, Nariman Djelyal, im ukrainischen Fernsehsender „DOM“
Darüber hinaus, so Djelyal, erschüttert das Gesetz auch das ideologische Paradigma, das von Russland in Bezug auf die Krim aufgebaut wird. „Russland behauptet, dass die Krim russisches Land ist und benutzt dabei alle möglichen fadenscheinigen Argumente. Aber hier sprechen wir über die Ureinwohner der Krim, die Krim ist ihr Territorium, und sie haben absolut Rechte auf dieses Territorium“, sagte Djelyal.
Während eines kürzlichen Auftritts im Fernsehsender „DOM“ wies der Parlamentarier Rustem Umerov darauf hin, dass der Begriff indigene Völker und das, was indigene Völker von nationalen Minderheiten unterscheidet, nicht genau abgegrenzt wurde.
„Nationale Minderheiten sind Menschen, die in der Ukraine leben, sie sind hier geboren, aber sie haben eine andere historische Heimat als die Ukraine. Indigene Menschen haben keine andere historische Heimat als die Ukraine“, sagte Umerow und merkte an, dass ein Gesetz über nationale Minderheiten in Arbeit sei.
Fazit: Der vorgeschlagene Gesetzentwurf fördert weder die Rassentrennung, die Einteilung in höhere und niedrigere Klassen von Ukrainern noch verletzt er in irgendeiner Weise die Rechte der russischsprachigen Bevölkerung in der Ukraine.