In den vergangenen Wochen behaupteten viele pro-Kreml-Medien, dass die Ukraine 20.000 Flüchtlinge aus Deutschland aufnehmen wird. Die russischen Artikel sind betitelt mit Schlagzeilen wie „Warum braucht Poroschenko Kämpfer aus Asien und Afrika?“, so gesehen bspw. bei Ria Novosti.
Unter Verweis auf die Regionalzeitung Kraichgau News, behaupten russische Medien, dass die Ukraine bis zum Jahresende 2018 nicht weniger als 20.000 Flüchtlinge aus Bayern aufnehmen wird. Dieser Deal sollte angeblich auf ein Übereinkommen zwischen den deutschen und ukrainischen Innenministerien zurückgehen. Laut dem Artikel wäre die Ukraine aktiv dabei, sich auf die Aufnahme von einer großen Anzahl an Flüchtlingen vorzubereiten. Diese Fälschung wurde Ende November in russischen Medien verbreitet, augenscheinlich zeitgleich zum letzten EU-Gipfeltreffen zur Östlichen Partnerschaft.
Schauen wir uns den Artikel genauer an, ergeben sich einige Zweifel an der Echtheit der Nachricht.
Ganz offensichtlich stammt das Nachrichtenportal Kraichgau News weder aus Bayern, noch ist eine richtige Zeitung. Kraichgau News ist ein offenes Leserforum/Internetportal des Lokalblatts Brettener Woche-Kraichgauer Bote, einer Region östlich von Karlsruhe, auf dem jeder User Informationen zu Themen aus Baden-Württemberg veröffentlichen könne. Eine Nutzerin, die sich selbst als „Kerstin Neumann“ bezeichnet, schrieb den besagten Artikel über den Flüchtlingsdeal mit der Ukraine. Interessanterweise hat sich die Nutzerin genau einen Tag vor der Veröffentlichung des Artikels am 31.10.2017 auf der Kraichgauer Homepage angemeldet. Der Artikel vom 1.11.2017 ist dann bisher auch der einzige Artikel der „Autorin“. Und genau dieser eine Artikel, auf der frei zugänglichen Internetplattform, wurde von russischen Massenmedien aufgegriffen und als offizielle Nachricht weit verbreitet. Mittlerweile hat der Artikel mehr als 9.000 Views verzeichnet. Recht erfolgreich für ein Portal, wo es vor allem um begrenzte Lokalthemen geht und normale Lokalnachrichten selten mehr als 200 Views erhalten.
Zweitens: Im Artikel der Kraichgau News wird auf Veranstaltung in Kiew verwiesen, auf der eine deutsche Diplomatin über eine Zusage der Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen berichtet haben soll.
Tatsächlich wird in dem Artikel verlinkten Video aber zu keinem Zeitpunkt etwas über eine etwaige Aufnahme von Flüchtlingen in der Ukraine berichtet. Die betreffende deutsche Diplomatin spricht im Video über die Situation von Binnenflüchtlingen (IDPs) in der Ukraine und ein geplantes Projekt innerhalb der Ukraine, was dazu beitragen soll, Stereotype über Flüchtlinge in der Ukraine abzubauen.
Zu keinem Zeitpunkt wird im Video aber über einen Transfer oder eine Übereinkunft der Aufnahme von Flüchtlingen gesprochen.
Auf StopFake-Anfrage bestätigte das ukrainische Innenministerium, dass die auf Menschenrechte spezialisierte deutsche Diplomatin Dorotea Metschkowski kürzlich ein Menschenrechtsprojekt in Kiew zur Förderung der Toleranz gegenüber Flüchtlingen in der Ukraine vorgestellt hat. Alle anderen Behauptungen über Flüchtlingstransfers in der Ukraine sind offensichtlich falsch, sagte das ukrainische Ministerium.