Die russische Webseite Ukraina.ru verbreitete letzte Woche eine Geschichte, die behauptet, dass der ukrainische Präsident Petro Poroschenko einen „heruntergekommenen amerikanischen Konzern“ General Electric (GE) rettet, indem er dem Unternehmen Lokomotiven abkauft. Ukraina.ru zitiert dabei einen Interfax-Artikel als Quelle; Interfax wiederum behauptet, Bloomberg habe über einen rasant fallenden Aktienkurs der GE-Aktie berichtet. Dabei ist es bei diesen Behauptungen unmöglich, die Quellen von Ukraine.ru zu überprüfen, da es keine Links zu Interfax- oder Bloomberg-Geschichten gibt.
Während GE durchaus wirtschaftliche Probleme hat und die Aktienkurse seit einem Jahr rückläufig sind, ist das Unternehmen doch weit davon entfernt, komplett zu scheitern. Ein neuer Vorstand und ein Restrukturierungsplan sollen das Unternehmen neu ausrichten und gleichzeitig den Wert für die Aktionäre zu maximieren. Letzte Woche stieg die GE-Aktie um 5,8%, so sind die Behauptungen von Ukraina.ru zu einem bevorstehenden Untergang des Unternehmens verfrüht.
Beim Zitieren ungenannten Experten, behauptet Ukraina.ru auch, dass Kiew zu viel für die gekauften Lokomotiven bezahlt. Außerdem, so Ukraina.ru; könnte man doch auch analoge Lokomotiven viel billiger von einem Werk in Kasachstan kaufen.
50% des kasachischen Unternehmens Temir Zholy befinden sich aber im Besitz des russischen Konzerns Transmashholding, eines russische Unternehmen welches selbst seit Oktober 2016 unter ukrainischen Sanktionen steht. Kiew bestand daher selbst darauf, dass das kasachische Unternehmen von dem Lokomotiven-Kauf ausgeschlossen werden sollte.
Im Rahmen des Ukraine-GE-Abkommens werden Lokomotiven im GE-Werk Erie, in den USA in Pennsylvania, hergestellt.
Ukraina.ru behauptet weiter, dass sich die Ukraine durch die Vertragsunterzeichnung mit GE ihre eigene High-Tech-Industrie das Wachstum und Entwicklungsmöglichkeiten beraubt. Poroschenko trage dafür die Hauptschuld.
Schauen wir aber in die Geschichte zurück, ist es nicht das erste Mal, dass die Ukraine mit ausländischen Firmen bei der Produktion von Lokomotiven zusammenarbeitet. Anfang der 2000er Jahre startete Siemens gemeinsam mit dem Dnipropetrovsker Electrolokomotive Betrieb eine gemeinsame Produktion von 18 Elektrolokomotiven, die als die modernsten ihrer Art im gesamten postsowjetischen Raum gelten.
Nach Angaben der ukrainischen Staatsbahn Ukrzaliznytsia, sind von den rund 1000 Lokomotiven im Unternehmenspark 70 % elektrisch und 30 % dieselbetrieben.
Um die Kapazität der Diesellokomotiven auszubauen, kam Ukrzaliznytsia zu dem Schluss, dass kein anderes Unternehmen als General Electric die Qualität bieten und die Lieferkapazitäten an Diesellokomotiven liefern könnte.
Während Ukraina.ru behauptet, dass es Präsident Poroschenko ist, der diesen Kauf vorantreibt, untersteht die staatliche Eisenbahngesellschaft Ukrzaliznytsia dem Ministerkabinett und nicht dem Präsidenten.
Der Ukrzaliznytsia-GE Milliarden-Dollar-Vertrag umfasst 225 Diesellokomotiven der Evolution-Serie, die bis 2034 fertiggestellt sein sollen. Der Vertrag sieht dabei auch eine langfristige Wartung der Lokomotiven vor.