Seit der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 gibt es im Kreml regelmäßig Fälschungen, in denen behauptet wird, dass die Ukraine eine terroristische Kampagne zur Destabilisierung der Halbinsel vorbereitet. Die letzte Fälschung dieser Art erschien im Juni, nachdem Nikolaj Patruschew, der Sekretär des Sicherheitsrats der Russischen Föderation auf der Halbinsel zu einem Sicherheitstreffen eintraf. Während des Treffens sagte Patruschew, dass die Krim von „aggressiven ukrainischen Nationalisten” und anderen potenziellen Terroristen bedroht werde. RBK, TASS, RIA Novosti verbreiteten Patruschews Worte.
Patruschew sagte, dass die Krim einem hohen Niveau an terroristischer Bedrohung, seitens der Ukraine, ausgesetzt sei. Er sagte, dass die Krim wortwörtlich mit ukrainischen Terroristen und Extremisten überflutet sei. Diese so genannten„Extremisten”, die auch eine Gefahr für die Moskauer Herrschaft darstellen würden, wären Krimtataren und die Medschlis des Krimtatarischen Volkes, sagte Patruschew.
Nachdem Russland die ukrainische Halbinsel Krim annektiert hatte, erklärte Moskau die Krim-Tataren-Vertretung der Medschlis zu einer illegalen politischen Organisation. Patruschew behauptete, dass die Medschlis „zu Terroranschlägen auf der Halbinsel aufrufen”.
Patruschews Behauptungen sind aber komplett unwahr, sagte der ukrainische Abgeordnete und Leiter der Medschlis, Mustafa Dschemiljew. Die Worte Patruschews könnten tatsächlich eine neue Welle der Repression gegen die Krimtataren durch die russischen Behörden signalisieren, so Dschemiljew. Im Gespräch mit Radio Liberty’s Programm Krim Realii sagte Dschemiljew, dass mit der Terrorismus-Vorwurf als Vorwand verwendet werde, mit dem der russische Inlandsgeheimdienst FSB höchstwahrscheinlich Repressionen gegen diejenigen beginnen werde, die mit der Annexion der Krim nicht einverstanden sind.
In einem Facebook-Post wiederholte der russische Anwalt Nikolai Polozov Dschemiljews Warnung. Polozov vertritt selbst mehrere ukrainische politische Gefangene, die in Russland und auf der Krim festgehalten werden. Er ist sich ziemlich sicher, dass Moskau, sobald die Fußballweltmeisterschaft 2018 zu Ende geht, wieder damit beginnen wird, Klagen gegen diejenigen zu erheben, die mit der russischen Herrschaft auf der Krim nicht einverstanden sind.
Die russischen Behörden, die Silowiki (die sogenannten Machtministerien – Polizei, Geheimpolizei, Militärs) in der besetzten Krim sprechen offen über eine neue Welle der Repression gegen die Krimtataren. Die Fälle werden durchgeführt, in der gleichen Weise wie sie in den letzten viereinhalb Jahren der Besatzung durchgeführt wurden: „Wir werden Durchsuchungen, Entführungen und Folterungen haben. Sie kennen keinen anderen Weg”, schrieb Polozov.
Edem Semedliayev, der als Anwalt auch Krimtataren vertritt, die von Moskau des Terrorismus und Extremismus beschuldigt werden, sagte, dass Patruschews Warnung den wesentlichen Prinzipien der Propaganda folge. Patruschews Worte würde den Grundstein für Verfolgungen legen und die Öffentlichkeit auf eine neue Welle der Repressionen vorbereitetn, auf welche neue Festnahmen und Verhaftungen folgen würden.
Gegenwärtig laufen mehrere Verfahren gegen angebliche „ukrainische Saboteure” und „Terroristen” vor russischen Gerichten auf der Krim. Allein im Jahr 2017 verzeichnete die Krimer-Menschenrechtsgruppe mindestens 19 politisch motivierte Verhaftungen, bei der mehr als 25 Personen vor Gericht stehen.