Das Cobasna-Munitionsdepot wird als eines der größten, wenn nicht sogar als das größte Munitionsdepot in Osteuropa bezeichnet und enthält bis zu 20.000 Tonnen Waffen aus der Sowjetzeit. Allerdings sind mehr als die Hälfte der Munition aus dem Cobasna-Depot wohl abgelaufen und für die weitere Verwendung oder den Transport nicht mehr geeignet. Vermutlich können nur 7-8 Tausend Tonnen dieser Munition einsatzbereit sein. Darüber hinaus hat die Ukraine keine Notwendigkeit, ihre Waffenarsenale auf Kosten Transnistriens aufzustocken, da sie inzwischen beträchtliche Unterstützung aus europäischen Ländern und den Vereinigten Staaten erhält, darunter auch eine Reihe von Waffen sowjetischer Produktion.
Behauptung: Nach den öffentlichkeitswirksamen Bombenangriffen auf die Infrastruktureinrichtungen in Transnistrien Ende April gab es eine Flut von verbreiteten Informationen, wonach die Ukraine angeblich die Eroberung des größten Munitionslagers in Osteuropa vorbereitet, das sich nur zwei Kilometer von der ukrainischen Grenze in der selbsternannten „Republik Transnistrien“ entfernt im Dorf Cobasna (Google Maps-Link) befindet.
So plant die Ukraine angeblich durch eine Angriff ihre eigene „Munition aufzufüllen“. Andere Quellen schreiben die Menge an Munition aus dem Depot in Transnistrien reiche für einen jahrzehntelangen Krieg. Nach dem Verlust der Hauptdepots in der Region Charkiw sei es für den ukrainsichen Generalstab wichtig, eine ständige Munitionsquelle für die Versorgung der südlichen Front zu finden, und die Depots der Republik Transnistrien wären daher dafür ideal. Kommen wir aber nun zum Faktencheck:
Faktencheck: Dass die Ukraine in irgendeiner Form Interesse an den Munitionslagern in dem Ort Cobasna haben könnte, berichteten russische Medien bereits im Jahr 2018. Es ist also nicht das erste Mal, dass dieses Munitionsdepot Schlagzeilen schlägt.
Die militärische Lagerhäuser im Dorf Cobasna, Bezirk Ribnita stammen noch aus dem Jahr 1949. Es war ein strategisches Arsenal für verschiedene Waffen der Sowjetarmee. Die meisten Waffen wurden während des Abzugs der sowjetischen Truppen aus der ehemaligen DDR, Ungarn, Polen und der Tschechoslowakei dorthin gebracht. In den Depots, die sich über eine Fläche von etwa 100 Hektar erstrecken, sollen derzeit 20.000 Tonnen Munition lagern. Nach der Gründung der so genannten Pridnestrowische Moldauische Republik, kurz: Pridnestrowien oder PMR erhielt die Russische Föderation die volle Kontrolle über diese Depots. Das Arsenal wird derzeit von russischen Streitkräfte bewacht
Die Behauptung, die Ukraine wolle diese Depots angeblich beschlagnahmen, um ihre Munition aufzufüllen, ist absurd. Es macht keinen Sinn, da mehr als die Hälfte der Munition aus dem Depot für den Einsatz und den Transport abgelaufen sind. Der Militärexperte Michail Schirochow teilte StopFake in einem Kommentar Folgendes mit:
Der Sachverständige erklärt, dass im Jahr 2000 über 40.000 Tonnen militärische Ausrüstung in den Depots gelagert wurden. Fast die Hälfte der „funktionsfähigen“ Munition aus diesem Depot wurde in den 2000er Jahren von der Russischen Föderation über ukrainisches Gebiet abtransportiert. Im Jahr 2019 waren dort nur noch 20.000 Tonnen Munition vorhanden. Diese Zahl wird auch durch Berichte in den russischen Medien bestätigt – von 19 bis zu 21,5 Tausend Tonnen an Munition.
„Für 2019 sind 11.000 Tonnen Munition von den verbleibenden 20 Tonnen bereits abgelaufen. Die Russen hatten vor, sie zu entsorgen. Hier sind weitere drei Jahre vergangen. Nach meinen Schätzungen gibt es nicht mehr als 7-8 Tausend Tonnen, die realistischerweise im Kampf eingesetzt werden können„, sagt Michail Schirochow, „kein Artillerist wird abgelaufene Munition abfeuern, weil sie gefährlich ist – die Munition kann im Lauf platzen. Es handelt sich um eine sicherheitsrelavante Technik.“ „Die Munition, welche die Ukraine diese Lagerhäuser beschlagnahmen will, auch wenn es sich um 7-8 Tausend Tonnen Artilleriegeschosse handelt, erscheint mir seltsam. Niemand würde absichtlich eine zweite Front für eine solche Menge an Munition eröffnen„, erklärt Schirochow.
Die Militärexperte und Vertreter von Defence Express Serhiy Zgurets bestätigt, dass bis heute nicht bekannt ist, in welchem Zustand diese Munition ist und ob sie kampffähig ist. „Die Munition hat eine gewisse Haltbarkeit von bis zu 20 Jahren. Der Zeitraum seit dem Abzug der
sowjetischen Truppen aus der DDR ist viel länger. Dies deutet darauf hin, dass die Verwendung dieser Munition in der Tat riskant ist“, erklärt Zgurets in einem Kommentar zu StopFake.
„Die Ukraine muss ihre Arsenale nicht auf so merkwürdige Weise aufstocken, denn wir [Ukrainer] haben heute erhebliche Unterstützung von europäischen Ländern und den Vereinigten Staaten, einschließlich einer Liste von Waffen aus sowjetischer Produktion in den Kalibern, die wir brauchen. Ich denke, dass all dieses Gerede über die Möglichkeit eines Angriffs auf Transnistrien oder über die Beschlagnahme der Depots in das allgemeine Konzept der russischen Seite eingefügt wird, um die Intensivierung der eigenen militärischen Aktionen zu rechtfertigen und die Verteidigungsmaßnahmen der Ukraine nicht zu akzeptieren“, erklärt Zgurets
Es ist zu beachten, dass die Existenz dieser Lagerhäuser ein Problem für eine ganze Region ist. Die Detonation von abgelaufener Munition stellt eine ernste Gefahr für die umliegenden Gemeinden dar. Auch Munition aus diesem Lager konnte früher auf dem Schwarzmarkt
gekauft werden, was durch Journalisten der moldauischen NGO RISE im Jahr 2014 aufgedeckt wurde.
StopFake hatte zuvor unwahre Informationen dementiert, wonach Deutschland angeblich keine Waffen mehr an die Ukraine liefern würde.