Russische und ukrainische Seiten berichten letzte Woche darüber, dass in der südukrainischen Hafenstadt Mykolajiw, nach einer Unterrichtsstunde über AIDS-Prävention an Schülerinnen eine Broschüre erhalten hätten, die detailliert Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen für Sexarbeiterinnen/Prostituierte beschreibt.

Bis zum heutigen Tag, konnte kein Nachweis oder Beleg ermittelt werden in welcher Schule dies angeblich geschehen sein soll. Außerdem wurde keine Person identifiziert, die die Broschüre gesehen oder erhalten hat. Nach Verbreitung der Meldung untersuchten Mykolajiwer Stadtbehörden alle 53 Schulen der Stadt und kamen zu dem Schluss, dass keine solche Unterrichtseinheit stattgefunden hat und solche Broschüren nie verteilt wurden.

Screenshot svidok.info

Die Direktorin der Nichtregierungsorganisation, Legalife, Yulia Dorokhova gab an, dass ihrer Organisation noch nie eine solche Broschüre begegnet sei und dass diese Geschichte wohl eine offene Fälschung sei. Legalife setzt sich für den Schutz von ukrainischen Sexarbeiterinnen ein.

Screenshot ren.tv

Trotz dieser augenscheinlich fehlenden Beweislage hatten russische sowie ukrainische Medien einen Großeinsatz um diese anzüglichen Informationen an Ihre Leser zu verbreiten. REN TV erklärte, dass ukrainischen Schulmädchen Lehrbücher über Prostitution bekommen hätten, eine andere Webseite behauptete, dass ukrainische Mädchen für eine zukünftige Prostitution vorbereitet würden.

Die ukrainischen Medien Strana.ua, Vesti, RIA Novosti Ukraina, Obozrevatel, Depo.ua, Podrobnosti, Volyn, 24 ua, Znaj und andere verbreiteten die Geschichte. Dazu kamen auch die russischen Webseiten NTV, Russkaya Vesna, Life.ru, Utro.ru, Iswestija, 5 Kanal und viele weitere.

 

Screenshot yaplakal.com

Die Broschüre hatte seinen ersten Auftritt Anfang Oktober auf einer russischen User-generierten Seite. Der Autor @kalabasa, der als Lehrer identifiziert wurde und der von der von Russland besetzen Krim kommt, hat das 10-seitige Heft gepostet. Dabei behauptet er, dass ein Kollege es unter alten Schulunterlagen gefunden habe. Die gescannte Broschüre ist ein Basis-Kurs für den sicheren Sex mit Kondomen, allgemeinen Sicherheitstipps, Support-Telefonnummern vom ukrainischen Festland. Am Ende listet die Broschüre eine falsch geschriebene schwedische Agentur für Internationale Entwicklung als Sponsor auf.

Screenshot yaplakal.com

In der Ukraine wurde die Geschichte zuerst auf einer lokalen Mykolajiwer Internetseite Svidok.info veröffentlicht. Der Beitrag erschien als ein unsignierter Beitrag, der die Großmutter eines Schülers von der Schule zitiert, wo die Broschüre angeblich verteilt wurde. Diese Schule ist aber wie angesprochen nicht näher identifiziert, wie auch die Großmutter oder der vermeintliche Schüler. StopFake gelang es den Autor des Artikels zu ermitteln. Der Autor der Svidok-Geschichte lehnte es aber ab, öffentlich genannt zu werden und weigerte sich, StopFake mitzuteilen, in welcher Schule der angebliche Vorfall stattgefunden hat und gab zu, dass die Schule selbst nicht besucht habe, um die Richtigkeit der Behauptung zu überprüfen.

Der Direktor der Mykolajiwer Abteilung für Drogen- und HIV-Prävention, Serhiy Vanenkov, nannte die gesamte Geschichte eine Fälschung, mit dem Ziel die Ukraine zu diskreditieren.

Der stellvertretende Bürgermeister von Mykolajiw, Yevhen Shevchenko, hat versucht diese gefälschte Geschichte aufzuklären, indem er eine stadtweite Schuluntersuchung anwies. Dabei wurde herausgefunden, dass tatsächlich keine solcher Unterrichtseinheit in irgendeiner der 53 Schulen der Stadt stattgefunden hat. Außerdem wies und wies Shevchenko darauf hin, dass Unterrichtsstunden außerhalb des offiziellen Lehrplans von Schulleitern und Elternkomitees genehmigt werden müssten.

Screenshot Yevhen Shevchenko

StopFake hat das Bildungsministerium der Stadt Mykolajiw nach diesem angeblichen Unterricht und diese Broschüre gefragt. Die Ausbildungsabteilung bestätigte die Ergebnisse von Shevchenko und betonte, dass ihre eigenen Untersuchung auch ergeben habe, dass es an keiner Schule einen solchen Unterricht gegeben habe.