Überdimensioniert, leerstehend und überflüssig – das ist die Zukunft, die die russische Seite Ukraina.ru für das Pipelinesystem der Ukraine vorhersagt, sobald die Nord Stream-2-Pipeline gebaut werden sollte. Während russische Medien eifrig dabei sind, das riesige Pipelinesystem der Ukraine zu begraben, plant Kiew die Modernisierung eben jener Pipelines. Dafür wurden von Kiew Verträge unterzeichnet, um eine langfristige Transitkooperation und die Umstrukturierung des Unternehmens voranzutreiben
Ukraina.ru ist nicht die einzige russische Propaganda-Seite, die das bevorstehende Ableben des ukrainischen Pipelinesystems vorhersagt. Moskovskyi Komsomolets sprang auch auf den Wagen auf und nannte das Netz der Ukraine veraltet, ein Haufen Metallschrott, und von niemandem gebraucht. Dem gegenüber sei Nord Stream 2 mittlerweile ein Projekt „frei von jeder Politik“, „ein wirtschaftlicher Gewinn“ und „ein Projekt für die Zukunft“, so das Blatt.
Nord stream 2, eine Pipeline, die russische Gas direkt von Russland nach Deutschland transportieren soll und die Ukraine über die Ostsee umgeht, war niemals ein rein kommerzielles Projekt, nicht nur weil Gazprom, die Muttergesellschaft, mehrheitlich im Besitz des russischen Staates ist. Wie Dr. Alan Riley vom „Institute for Statecraft“ in London in einem neuen Artikel „Russian_Disinformation_meets_Pipeline_Politics“ überzeugend formuliert, ist Nord Stream 2 vor allem ein politisches Projekt, welches die Ukraine aus der europäischen Gasleitung entfernen soll und die Versuche Europas zur Energiediversifikation abwürgen soll.
Die Ukraine erwartet eine deutliche Verringerung des Transits von russischem Gas durch ihre Pipelines und bereitet sich dementsprechend vor. Die kürzlich entwickelte Energiestrategie fordert daher tiefe Reformen im Energiebereich sowie administrative Umstrukturierungen von Unternehmen, die den Sektor beaufsichtigen sollen. Die bestehenden Pipelines sollten aktualisiert und rekonstruiert und durch neue Pipelines ergänzt werden, um das vorhandene System mit potenziellen neuen Gasrouten zu verbinden.
Die Ukraine hat bereits seit fast zwei Jahren kein russisches Gas mehr direkt aus Russland importiert und hat die Verbraucher durch zwei harte Winter hindurch erfolgreich mit Wärme versorgt. Das Land hat seine eigene Gasproduktion erhöht und seine Infrastruktur in einer zielstrebigen Aktion im Bereich Energieeffizienz modernisiert. Die Ukraine hat die größte Gasspeicherkapazität in Europa und ihr Transitnetzwerk liefert weiterhin fast 20 Prozent des russischen Gases, das von der EU verbraucht wird.
Der russische Gas-Transit durch die Ukraine hatte dieses Jahr ein Fünfjahres-Hoch. Das lässt die Vorhersagen der russischen Medien über den Tod des ukrainischen Pipelinesystems, sehr übertrieben.