Das kürzlich abgehaltene katalonische Unabhängigkeitsreferendum nahmen einige Medien zum Anlass, Vergleiche mit dem Krim-Referendum anzustellen, dem ukrainischen Landesteil, welches 2014 von Russland militärisch besetzt und später völkerrechtswidrig annektiert wurde.
Der Bloomberg View-Kolumnist Leonid Bershidsky veröffentlichte in diesem Zusammenhang eine Stellungnahme mit dem Titel „Warum Katalonien versagen wird, wo die Krim erfolgreich war“ (Original: Why Catalonia Will Fail Where Crimea Succeeded). Darin behauptet Bershidsky, dass das Krim-Referendum 2014 nicht unter russischer Waffenpräsenz stattgefunden habe. Bershidsky schreibt:
„Weder die ,kleinen grünen Männer‘ noch uniformierte russische Soldaten waren während der Wahl in den Wahllokalen anwesend. Es gab keinen bewaffneten Druck auf die Krim, nicht einmal auf die einheimischen Krimtataren, die die Sezession nicht zurückgingen und sich größtenteils der Stimme enthielten, um aufzutauchen oder um Stimmzettel in einer bestimmten Art und Weise auszufüllen. Die Anwesenheit russischer Truppen spielte eine Rolle (mehr dazu später), aber es war nicht das, was das Referendum illegitim machte.“
Die Androhung von Gewalt und nicht das Referendum hätten sichergestellt, dass die Krim heute als de facto Teil Russlands existiert. Katalonien selbst habe keine „Macht“, die für die Sezession kämpfen könne, und deshalb würde die angestrebte Sezession scheitern, schreibt Bershidsky. Man kann Bershidsky Schlussfolgerungen sicher als Meinungsäußerung akzeptieren, seine vorhergehenden Ausführungen zur Krim sind aber fehlerbehaftet und stark irreführend. Wir zeigen warum:
Das Referendum der Krim fand tatsächlich unter schwerer militärischer Präsenz statt; der ausgeübte Druck, wurde vielfach von westlichen Medien dokumentiert.
Die internationale NGO Human Rights Watch berichtete, wie bewaffnete Einheiten Aktivisten und Journalisten entführten, angriffen und belästigten. Mehrere Entführungen, Angriffe und gezielte Morde wurden von NGOs und Medien nachweislich dokumentiert.
Viele Analysten haben berechtigterweise darauf hingewiesen, dass der Vergleich zwischen Katalonien und der Krim absurd ist.
Die Situation mit der russischen Besetzung der Krim, des Donbas, Abchasien und Südossetien ist völlig anders. Vorrangig fanden in diesen Fällen externe Interventionen statt, und sogenannte Referenden wurden unter Federführung der intervenierenden Besatzungsmächte initiiert, aufgestellt und durchgeführt. Das ist alles etwas komplett anderes als das was in Katalonien passiert ist … schreibt Volodymyr Horbach, Politologe am Institut für euro-atlantische Zusammenarbeit in Kiew.