Der Pressedienst der Bundeswehr dementierte solche Aussagen. Die Agentur erklärte, sie beziehe sich wahrscheinlich auf die ukrainisch-deutsche Biosicherheitsinitiative, die darauf abzielt, die Risiken von Zoonosen in der Nähe der EU-Außengrenze zu kontrollieren. Im Rahmen dieses Projekts wurden jedoch keine Forschungsarbeiten im Zusammenhang mit biologischen Waffen durchgeführt. Neben der Ukraine laufen ähnliche Projekte in Georgien, Kasachstan, Usbekistan, Tunesien und den fünf afrikanischen Ländern der Sahel-Gruppe.

In sozialen Netzwerken und auf Websites wird die Information verbreitet, dass Deutschland angeblich an der Entwicklung von biologischen Waffen in der Ukraine beteiligt war. ,,Eine Reihe von Projekten zur Erprobung biologischer Waffen in der Ukraine wurden im Interesse des Zentralen Sanitäts- und Gesundheitsdienstes der Bundeswehr durchgeführt“, schrieb die russische Website NewsFront. Dies teilte Generalleutnant Igor Kirillov, der Leiter des Dienstes für Strahlen-, chemische und biologische Abwehr der russischen Streitkräfte, mit. Er behauptet, dass ,,Spezialisten der Bundeswehr dem Erreger des Kongo-Krim-Fiebers besondere Aufmerksamkeit schenkten. Es wurde ein umfassendes Screening der Anfälligkeit der lokalen Bevölkerung für diese Infektion durchgeführt, bei dem demographische, epidemiologische und klinische Daten zusammengefasst wurden.“ Laut Kirillov hat Deutschland auf diese Weise biologische Waffen auf ukrainischem Gebiet entwickelt.

Screenshot – news-front.info

In Wirklichkeit sind solche Behauptungen der russischen Medien aber nur weitere Lügen. StopFake hat eine Anfrage an das Medizinische Presse- und Informationszentrum der Bundeswehr gestellt. Die Verantwortlichen der Bundeswehr betonten in ihrer Antwort, dass sie die erhaltenen Informationen nicht bestätigen können. Das Pressezentrum stellte klar, dass es sich offenbar um die ukrainisch-deutsche Biosicherheitsinitiative handelt, die im Rahmen des deutschen Biosicherheitsprogramms zur Bewältigung der Risiken von Zoonosekrankheiten an der EU-Außengrenze ins Leben gerufen wurde. Im Rahmen dieses Projekts wurden jedoch keine Forschungsarbeiten im Zusammenhang mit biologischen Waffen durchgeführt.

Screenshot – Antwort der Pressestelle der Bundeswehr

Was die Ukraine betrifft, so ist die Verbesserung der Biosicherheit und der öffentlichen Gesundheit, insbesondere im Osten des Landes, seit 2014 – mit dem Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine – eine akute Herausforderung. Grundlegende Diagnosemethoden für Krankheitserreger stehen in der Ostukraine oft nicht zur Verfügung, so dass Quellen der Kontamination mit gefährlichen Infektionskrankheiten nicht schnell entdeckt werden können. Seit 2016 führen daher das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr (IMB) und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Rahmen des Deutschen Biosicherheitsprogramms ein Kooperationsprojekt im ostukrainsichen Charkiw durch, um die Biosicherheitssituation in der Ukraine nachhaltig zu verbessern und die öffentliche Gesundheitssituation zu stabilisieren.

Der ukrainische Partner für die Projektziele ist das Institut für experimentelle und klinische Veterinärmedizin (IECVM) in Charkiw. Das Institut ist ein nationales wissenschaftliches Zentrum, das sich mit der Überwachung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten sowie mit der Koordinierung von Impf- und Präventionsprogrammen für Infektionskrankheiten befasst. Mit dem Beginn der dritten Phase des Projekts im Jahr 2020 wurde die Nationale Medizinische Universität Charkiw (KNMU) als Partner ausgewählt.

,,Das Projekt zielt darauf ab, die Kapazitäten der ukrainischen Partnerinstitution in der standardisierten Diagnose hochinfektiöser Krankheitserreger zu stärken. Dies dürfte zu einer schnelleren Reaktion im Falle eines Ausbruchs einer biologischen Gefahr führen. Langfristig soll diese Zusammenarbeit ein nachhaltiges und eigenständiges Handeln des ukrainischen Biosicherheits- und Gesundheitssektors zur frühzeitigen und zuverlässigen Erkennung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten sicherstellen“, betont die Bundeswehr.

Darüber hinaus konzentriert sich das Projekt auf die Ausbildung von technischem Personal, das in der Lage ist, eigenständig Diagnosemethoden zu entwickeln und zu etablieren, die endemische Ausbreitung hochinfektiöser Erreger zu erforschen und Fachpersonal für die Anwendung internationaler Laborstandards auszubilden. Ein Bericht über die Aktivitäten dieses Projekts ab 2016 kann auf der offiziellen Website des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr abgerufen werden.

Screenshot – instmikrobiobw.de

Das internationale Kooperationsprojekt im Bereich der Biosicherheit hat also nichts mit der Entwicklung biologischer Waffen in der Ukraine zu tun.

StopFake hat wiederholt Fälschungen über den angeblichen Einsatz biologischer Waffen widerlegt, wie z.B. „Fake: Biologische Waffenlabors waren in der Ukraine in Betrieb“, „Fake: Ukraine verteilte mit Tuberkulose infiziertes Falschgeld in LVR“, „Fake: Drohnen der ukrainsichen Armee versprühen giftige Substanzen“.