Die Bremer Polizei dementierte die gefälschte Geschichte über die angebliche Verhaftung von Ukrainern ,,beim Versuch, MANPADS aus der Ukraine zu verkaufen“ und bezeichnete das von rusischen Medien verbreitete Video als Fälschung. Die Polizei bestätigte auch nicht die Erfindung der russischen Medien über ,,einen deutschen Studenten, der im Internet Verkaufsanzeigen für Singer entdeckt hatte“.
Die Kreml-Medien berichteten, dass Polizeibeamte in Bremen angeblich Ukrainer festgenommen haben, die online mit Waffen gehandelt haben sollen, die Kyjiw von westlichen Partnern geliefert wurden. Es wird berichtet, dass ein solcher ,,Online-Shop“ von einem deutschen Studenten entdeckt wurde und ,,den Strafverfolgungsbehörden geholfen hat, den Waffenhandel aufzudecken“.
Das Video und alle möglichen ,,Analysen“, die darauf basieren, wurden auf allen möglichen Plattformen verbreitet, wie z.B. Erster Kanal / Первый канал, Moskowskij Komsomolez Московский комсомолец, Komsomolskaja Prawda Комсомольская правда, Donbass heute Донбасс сегодня, Noworossija, Новороссия, FAN, ФАН, Krasnaja Vesna, Красная весна, Bloknot, Блокнот, NewsFront, NewsFront, Naspravdi.info Naspravdi.info.
Um das Publikum von der Echtheit der Fälschung zu überzeugen, benutzten die Propagandisten ein fiktives Schiff, das ,,unter ukrainischer Flagge“ fuhr, und einen nicht existierenden ,,deutschen Studenten, der im Internet ukrainische Waffen fand“. Sie haben sogar ein gefälschtes Dokument im Namen des ukrainischen Verteidigungsministers Oleksiy Reznikow erstellt. Dabei verwendeten sie eine Dokumentenvorlage, die bereits in der Untersuchung über die Beteiligung von Jewgeni Prigoschin, dem Leiter der Wagner-Gruppe, und seiner Medien an der Förderung des Konflikts zwischen der Ukraine und Polen aufgetaucht war.
Wie wichtig diese Informationsoperation für den Kreml ist, zeigt auch die Tatsache, dass die Nachricht über ,,ukrainische Stinger in Bremen“ von Dmitry Polyanskiy, dem Ersten Stellvertretenden Ständigen Vertreter der Russischen Föderation bei der UNO, getwittert wurde.
Die Hauptquelle für das Video ,,Ukrainischer Stinger in Bremen“ war der YouTube-Kanal Journalisten Friekorps. Der Kanal hat zwei Abonnenten und rund 700 Aufrufe des ,,sensationellen Videos“.
In einem Kommentar zu dem Video geben die Autoren an, dass es vom 20. Juli stammt, obwohl es erst am 7. August veröffentlicht wurde. In dem sechs Sekunden langen Ausschnitt ist zu sehen, wie ,,Spezialbeamte“ im Hafen von Bremen eintreffen, nachdem sie ,,rohrförmiger Vorrichtungen“ auf der Floriana (?) entdeckt haben. In der Beschreibung heißt es außerdem, dass das Schiff unter ukrainischer Flagge auf dem Weg in die Türkei war und ,,bei Festgenommenen soll es um (möglicherweise ehemalige) ukrainische Militärs handeln“ Auf dem Video sind jedoch weder die ,,festgenommenen Ukrainer“ noch ein Schiff zu sehen. Und dafür gibt es eine Erklärung.
Nach Angaben des Dienstes MarineTraffic wurde das Schiff mit dem Namen Floriana (IMO: 9486477) im Jahr 2012 gebaut und fährt unter der Flagge Maltas und nicht unter der ,,Flagge der Ukraine“, wie die Verfasser der Fälschung behaupten.
Tonanalyse führt nach Greiz
Bei der Analyse des Tons auf dem Video über die ,,ukrainischen MANPADS“ hat StopFake festgestellt, dass der Ton an anderer Stelle aufgenommen wurde – Stimmen von Demonstrationsteilnehmern sind auf dem Video deutlich zu hören. Eine solche Aktion kann kaum auf dem Gebiet des ,,Bremer Hafens“ stattgefunden haben, wo die Kreml-Propagandisten behaupteten, ,,Waffen aus der Ukraine“ gefunden zu haben.
Tatsächlich verwendeten die Propagandisten Tonaufnahmen einer Demonstration in der 450 Kilometer von Bremen entfernten thüringischen Stadt Greiz, um ihre Fälschung zu erstellen.
Auf dem Video der Propagansdisten ist zu hören фраза: ,,Immer das Handy runter sowas müssen sie nicht filmen, müssen sie nicht filmen“. Derselbe Satz ist in dem Video aus Greiz zu hören (ab 00:13). Die Audiospur hat damit nichts mit dem gezeigten Video zu tun.
Der Satz wurde von den Propagandisten des Kremls aufgegriffen. Sie benutzten es, um die Zuschauer davon zu überzeugen, dass ,,der Polizei im Bremer Hafen verboten wurde, das Video zu drehen“. Das ,,Entlarvungs“-Video der Propagandisten über ,,Ukrainer mit MANPADS im Bremer Hafen“ entpuppte sich als bloße Zusammenstellung von zufälligen Video- und Audiofragmenten. Die Macher von russischen ersten Kanal berichteten, dass ,,die Polizei von einem deutschen Studenten informiert wurde, der im Internet Werbung für den Verkauf der Systeme gesehen hatte“. Um die „Wahrhaftigkeit“ ihrer Worte zu bestätigen, zeigt Kanal Eins gefälschte Screenshots über ,,Javelin-Verkäufe durch Ukrainer“. Bereits im August 2022 schrieb StopFake darüber, wie russische Medien ähnliche gefälschte Anzeigen nutzte, um die Ukraine des ,,Verkaufs westlicher Waffen“ zu beschuldigen. Doch die Propagandisten bedienten sich erneut einer bewährten Methode.
Es ist anzumerken, dass in dem Bericht von Kanal Eins die Werbung für den Verkauf der tragbaren Stinger-Flugabwehrsysteme selbst nicht gezeigt wird. Aber es wird ein Student erwähnt, ,,der sie im Internet gesehen hat“. Über den Studenten selbst wissen wir nichts Näheres. Gleichzeitig zitierte die Propagandaquelle Slawjangrad bei der Verbreitung der Version über ,,ukrainische MANPADS im Bremer Hafen“ den Bremer Polizeibericht als Beweis. Sie interpretierten diese Meldung der Polizei jedoch auf ihre eigene Weise und erklärten, dass ,,geschmuggelte [ukrainische MANPADS] als elektronische Geräte deklariert werden“.
Screenshot – Slavyangrad
Im Bremer Polizeibericht heißt es, ein 27-jähriger Bremer habe auf einer Online-Kleinanzeigenplattform gesehen, wie ihm ,,Elektronik gestohlen“ wurde, und dies der Polizei gemeldet. Die Gesetzeshüter nahmen den 19-jährigen ,,Verkäufer“ fest. Zehn Tage nachdem der Kreml eine Kampagne über ,,Ukrainer und mit MANPADs“ gestartet hatte, gab die Bremer Polizei ein offizielles Dementi heraus, in dem sie die ,,Festnahme von Ukrainern“ eindeutig bestritt und das Video als falsch bezeichnete.
Doch die Propagandisten beließen es nicht bei einem fiktiven Schiff ,,unter ukrainischer Flagge“ und einem nicht existierenden ,,deutschen Studenten, der im Internet ukrainische Waffen gefunden hat“. Anschließend schürten sie einen internationalen Skandal mit ,,ukrainischen MANPADS in Bremen“ und erstellten ein gefälschtes Dokument im Namen des ukrainischen Verteidigungsministers Oleksiy Reznikow. In diesem ,,Dokument“ teilt der ukrainische Verteidigungsminister dem ukrainischen Außenminister angeblich mit, dass die von deutschen Strafverfolgungsbehörden auf dem Schiff Floriana gefundenen Stinger-MANPADS „an die 92. MPA der ukrainischen Streitkräfte geliefert wurden und in Charkiw gelagert werden.
Die Analyse der Details des ,,Dokuments“ mit dem QR-Code-Scanner zeigt, dass der ,,Brief“ nicht den Anforderungen des automatischen Dokumentenmanagementsystems (ADMS) entspricht und eine Fälschung ist. In dem Dokument, das im System registriert ist, sollten die Nummer und das Datum des QR-Codes (links) und des Strichcodes (rechts) identisch sein. Im ,,Brief“ der Propagandisten stimmen sie jedoch nicht überein – hervorgehoben durch ein rotes Rechteck.
Die Fälscher haben es sich leicht gemacht und das Datum unter dem Strichcode ersetzt. Aber sie konnten keinen neuen QR-Code erzeugen. Daher wurde das Dokument mit den Nummern 220/5217 und 220/3034 versehen. Die Dokumentennummer 220/3034 wurde bereits in einem anderen gefälschten ,,Schreiben des Verteidigungsministeriums der Ukraine“ verwendet. Damals forderten Propagandisten im Namen von Oleksij Reznikow Außenminister Dmytro Kuleba auf, ,,eine Reihe von Maßnahmen für die Rückkehr von Wehrpflichtigen aus Polen in die Ukraine zu organisieren“. Das Team des DFRLab-Projekts, des Digital Forensics Laboratory des Atlantic Council, hat herausgefunden, dass die Verfasser des gefälschten Briefs über die ,,Rückkehr von eingezogenen Ukrainern aus Polen“ mit ,,Yevhen Prygozhin, seinen Medien und dem Wagner PMC“ in Verbindung stehen.
Diese Tatsachen beweisen, dass die Urheber der Fälschung über die angebliche ,,Verhaftung von Ukrainern, die versuchen, Flugabwehrraketensysteme zu verkaufen“, und die Verfasser des gefälschten Schreibens über die „Rückkehr von eingezogenen Ukrainern“ dieselben gefälschten Dokumentenvorlagen verwenden und möglicherweise mit dem Eigentümer der Wagner PMC, Yevhen Prygozhin, und seinen Medien in Verbindung stehen.
Diese Tatsache wird indirekt von deutschen Medien, wie dem SPIEGEL bestätigt, die berichten, dass trotz offizieller Dementis der ,,Ukrainer mit MANPADS“-Fälschung die Kampagne nicht gestoppt werden konnte. Dies erklärt sich aus der Tatsache, dass „die Botschaft auf Englisch und über die Kanäle der russischen Anhänger Putins verbreitet wird“. Die ,,Kanäle der Putin-Anhänger“ werden häufig zentral über Strukturen verwaltet, die mit Jewgenij Prigoschin verbunden sind. StopFake hat hier darüber geschrieben, wie solche Ressourcen den Informationsraum beeinflussen und wie sie funktionieren.