Als Reaktion auf die Entschließung des polnischen Parlaments, in der die Verbreitung russischer Propaganda über die polnische Geschichte verurteilt wird, erklärten russische Medien, dass die USA die antirussische Politik Polens unterstützen und finanzieren würden. Auf die Anweisung Washingtons weigert sich Polen, historische Fakten zu akzeptieren, schreibt die Geschichte des Zweiten Weltkriegs um und rechtfertigt den Nationalsozialismus, erklärten Russlands führende Pro-Kreml-Medien. Die Zeitung Vzglyad erhöht die hysterische Rhetorik noch um eine weitere Stufe und behauptet sogar, dass Polen beabsichtigt, Gesetze zu verabschieden, die die Redefreiheit verletzen und die Verfolgung von Andersdenkenden, von vermeintlichen Kriminellen ermöglichen wird.

Sie wollen das Gedankengut zu einem Straftatbestand machen, was den Verlust demokratischer Institutionen in Polen belegt. In Anbetracht der derzeitigen Kommunikations- und Kontrollmöglichkeiten werden wir bald eine Zensur von solchem Ausmaß erleben, dass die Zensur im sozialistischen Polen wie ein Kindergarten erscheinen wird. Das ist es, was normale polnische Bürger und Oppositionspolitiker erwartet, wenn dieses Gesetz verabschiedet wird“, warnt Vzglyad drohend.

RT
Regnum
Vzglad
Novoe Wremija

Im vergangenen Dezember verschärfte sich der polnische Einsatz gegen russische Desinformation über die eigene Geschichte, als der russische Präsident Wladimir Putin die polnische Führung aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg als Antisemiten bezeichnete. Am 24. Dezember ging Putin sogar noch weiter und sagte, dass Polen aktiv mit Nazi-Deutschland zusammengearbeitet habe und dass eine „Verschwörung“ westlicher Staaten mit Hitler den Weg zum Zweiten Weltkrieg geebnet habe. Die UdSSR war selbstverständlich nicht Teil dieser „Verschwörung„. Das polnische Außenministerium bezeichnete Putins Worte als „ eine Propagandabotschaft aus der Zeit des stalinistischen Totalitarismus, die sogar vom sowjetischen Führer Nikita Chruschtschow verurteilt worden wäre“.

„Diese Schritte (der Zusammenarbeit der Sowjetunion mit Nazi-Deutschland) wurden im Molotow-Ribbentrop-Pakt verankert, der am 23. August 1939 in Moskau unterzeichnet wurde, sowie im einem geheimen Zusatzprotokoll, das Osteuropa in deutsche und sowjetische Einflusssphären unterteilte; unter Verletzung der Souveränität Polens, Litauens, Lettlands, Estlands, Finnlands und Rumäniens. Am 1. September 1939 startete Nazi-Deutschland eine rücksichtslose Kriegsoperation gegen Polen. Am 17. September griffen sowjetische Truppen Polen an und verletzten damit die Bestimmungen des Nichtangriffspakts“ lautet die Antwort des polnischen Außenministeriums auf die Lügen Putins.

Außenministerium Polen

Das polnische Außenministerium rief darufhin den russischen Botschafter Sergej Andrejew zu sich und protestierte gegen Putins historische Unterstellungen. In einer mehrsprachigen Erklärung warf der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki Wladimir Putin vor, wissentlich falsche Informationen verbreitet zu haben. Morawiecki erinnerte Putin daran, dass das russische Volk, die Wahrheit verdient und selbst die größten Opfer Stalins gewesen sei und es nicht akzeptabel sei, die Täter als Opfer darzustellen.

„Präsident Putin hat bei zahlreichen Gelegenheiten über Polen gelogen, und er hat es immer absichtlich getan. Dies geschieht gewöhnlich, wenn die russischen Behörden internationalen Druck im Zusammenhang mit ihren Aktivitäten spüren – und der Druck wird nicht auf einer historischen, sondern auf der gegenwärtigen geopolitischen Szene ausgeübt. In den letzten Wochen hat Russland mehrere bedeutende Niederlagen erlitten – es scheiterte bei seinem Versuch, die vollständige Kontrolle über Belarus zu erlangen, die EU verlängerte erneut die Sanktionen, die gegen das Land wegen der illegalen Annexion der Krim verhängt wurden… Gleichzeitig wurden russische Sportler gerade für vier Jahre wegen Dopings suspendiert… Ich betrachte die Worte von Präsident Putin als Versuch, diese Probleme zu vertuschen,“ betont Morawiecki in seiner Stellungnahme.

Seite des polnischen Premiers

Putins Worte empörten nicht nur die polnische Führung. Sowohl die USA als auch Deutschland sprachen sich für die Unterstützung Polens aus und erinnerten den russischen Führer daran, dass Polen das Opfer des Totalitarismus und einer Verschwörung zwischen Stalin und Hitler war, die zum Zweiten Weltkrieg führte.

Anfang Januar kündigte die stellvertretende Parlamentspräsidentin des Sejm, Malgorzata Kidava-Blonska, die Ausarbeitung eines Resolutionsentwurfs über russische Propaganda die Polen verunglimpft, an. Die Resolution wurde am 9. Januar angenommen; sie verurteilt provokative und unkorrekte Aussagen von Vertretern der höchsten Behörden der Russischen Föderation, die versuchen, Polen für den Zweiten Weltkrieg zur Verantwortung zu ziehen. Die Entschließung enthält keinen Hinweis auf die strafrechtliche Haftung Russlands für Propaganda. Diese Resolution wird in den russischen Medien als „Gesetz zur Verletzung der Meinungsfreiheit“ bezeichnet.

Der Sejm der Republik Polen ehrt die Opfer des nationalsozialistischen Totalitarismus und drückt den Wunsch aus, dass die Geschichte ihres Martyriums niemals verfälscht oder als Instrument benutzt werden darf“, heißt es in der Resolution.

Seite des polnischen Parlaments

Der diplomatische Skandal, der durch Putins manipulative Äußerungen ausgelöst wurde, hat sich nicht beruhigt. Der polnische Präsident Andrzej Duda hat angekündigt, dass er sich weigert, Jerusalem zu besuchen, wo für den 23. Januar Gedenkfeiern zum Jahrestag der Befreiung von Auschwitz geplant sind. Duda begründete seine Entscheidung damit, dass er während dieser Veranstaltung nicht die Möglichkeit haben werde, neben den Regierenden von Deutschland, Frankreich und Russland sprechen zu können. Duda drückte seine Bestürzung darüber aus, warum ein Vertreter Polens, das die meisten Bürger im Holocaust verloren hat, während der Gedenkfeier in Jerusalem nicht sprechen dürfe

Ich sehe keinen Grund, warum die Präsidenten Russlands, Deutschlands und Frankreichs, Vertreter Großbritanniens und der Vereinigten Staaten an einem solchen Ort bei einer solchen Gelegenheit im Zusammenhang mit diesem großen Jahrestag sprechen sollten und der Präsident der polnischen Republik nicht sprechen könnte. Besonders in der gegenwärtigen Situation, wenn es Vorwürfe des Präsidenten der Russischen Föderation Wladimir Putin gegen Polen gibt, die der historischen Wahrheit völlig widersprechen und – daran habe ich keinen Zweifel – als Versuch dienen, uns als Gesellschaft zu demütigen und über die Geschichte des Zweiten Weltkriegs zu lügen“, betonte Duda.

Website des polnischen Staatspräsidenten

Am Vorabend des 80. Jahrestages des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges hat Russland im Jahr 2019 eine massive Desinformationskampagne zur Revision und Verfälschung historischer Fakten entfesselt. Russland verbreitet weiterhin derartige Lügenmärchen, während es „75 Jahre seit dem Sieg im Großen Vaterländischen Krieg“ feiert“. StopFake hat mehrere dieser Geschichten entlarvt, darunter eine über Russland, das wegen Russophobie nicht zu einer Gedenkfeier zum Zweiten Weltkrieg eingeladen wurde, und eine besonders lächerliche Fälschung über das EU-Treffen, bei dem sich Pro-Kreml-Nachtwölfe-Biker begeistert trafen, als sie in Deutschland ankamen, um Blumen an einem Denkmal für sowjetische Soldaten niederzulegen.