Russische und ukrainische Medien haben im letzten Monat Geschichten verbreitet, die behaupteten, dass der Krieg in der ostukrainischen Donbas-Region einen enormen Anstieg von AIDS in der Ukraine verursacht habe. Ein Artikel der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Vereinigten Staaten (PNAS), der die Quelle für diese ungenauen Behauptungen ist, stellt fest, dass es eine Umverteilung bestehender HIV-Infektionen in der Ukraine gibt. Im Bericht wird aber nicht behauptet, dass es einen neuen Ausbruch von HIV-Infektionen in der Ukraine gibt. Auch das Gesundheitsministerium der Ukraine wies diese Behauptungen ebenfalls als Fälschungen zurück.

Website screenshot lenta.ru
Website screenshot tsargrad.tv

Die russische Webseite Lenta.ru hat sehr aktiv Fälschungen verbreitet, indem sie einige Zitate aus dem Bericht der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Vereinigten Staaten verwendet haben und sie mit irrigen Schlussfolgerungen und erfundenen „Fakten“ kombiniert haben. Andere russische Veröffentlichungen haben die Erzählung weiter verbreitet.

Elise.com erklärte, dass die Ukraine wegen des Donbas-Krieges mit AIDS infiziert ist. Die Zeitung Segodnya berichtet, dass der Krieg eine schreckliche Infektion verursacht habe. Lenta.ru geht dabei noch weiter und behauptete, dass die Maidan-Revolution, die Annektion der Krim und der Krieg in den Regionen Donezk und Luhansk die medizinische Versorgung der Ukraine negativ beeinflusst haben und das Infektionsrisiko erhöht haben.

Die ukrainischen Seiten Segodnya, Korrespondent, 24 Kanal, Fakty, Elise.com, 62ua, glavnoe.ua, narodna-pravda.ua, citynews.net.ua, replyua.net haben diese gefälschte Geschichte nachgedruckt, sowie die russischen Seiten Tsargrad, Gazeta.ru, Vzglyad, cbsmedia.ru, NewsFront und andere.

Der wissenschaftliche Artikel Molekulare Epidemiologie zeigt die Rolle von Krieg bei der Ausbreitung von HIV in der Ukraine untersucht den Umzug von HIV-positiven Personen aus den besetzten Gebieten der Ostukraine in den von der ukrainischen Regierung kontrollierten Teil der Ukraine. Es wird dabei berichtet dass Menschen mit dem Hi-Virus in diesen Teil der Ukraine umziehen. Wie aus dem Artikel hervorgeht, steht der Anstieg von Anzahl der Infektionen proportional zur Gesamtzahl der in der Ukraine registrierten Binnenflüchtlinge. Die Autoren des Artikels analysieren, dass der Umzug von Menschen bereits bestehende Infektionen widerspiegelt, also keine neuen Infektionen aus Donezk und Luhansk ausdrückt, den beiden Städten, die nicht von der ukrainischen Regierung in der Ostukraine kontrolliert werden.

pnas.org

Das Community Health Center des Gesundheitsministeriums der Ukraine widerlegt den russischen Medienrummel um den PNAS-Artikel. Laut einer UNAIDS-Analyse der sich der HIV-Prävention und AIDS-Behandlung in der Ostukraine widmet, hat der Krieg die für die Patienten notwendige Versorgungsinfrastruktur in den besetzten Gebieten zerstört und wirkte sich auf die Qualität und Quantität der verfügbaren Dienstleistungen aus, für HIV-infizierte Personen aus. Der Prognose des Zentrums zufolge werden die HIV-Infektionsraten in der Ukraine in den nächsten vier Jahren allmählich zurückgehen und die geschätzte Zahl der Todesfälle durch AIDS halbiert werden.

Laut dem Bulletin HIV in der Ukraine stieg die HIV-Ausbreitung im Jahr 2017 um 5,5% im Vergleich zu 2016 an, während die Ausbreitung von AIDS im gleichen Zeitraum um 14,4% anstieg. (HIV, die menschliche Immunschwäche ist ein Virus, welches das menschliche Immunsystem angreift und eine Infektion verursachen kann. AIDS ist eine Erkrankung oder ein Syndrom. Die Infektion mit HIV kann zur Entwicklung des AIDS-erworbenen Immunschwächesyndroms führen.)

Die höchsten HIV-Infektionsraten wurden in den Regionen Odesa, Dnipro, Mykolayiv, Kherson, Kiew und Tschernigiv registriert, in denen viele Binnenflüchtlinge aus der Kriegsgebieten umgesiedelt wurden. Dem Bulletin zufolge ist der Anstieg auf eine breitere medizinische Behandlung von HIV-positiven Personen zurückzuführen, sowie auf den Mangel an HIV-Tests in den vergangenen Jahren, der die rechtzeitige Überprüfung positiver Ergebnisse und die Überwachung von HIV-positiven Patienten begrenzte.

Nach Angaben von UNAIDS gab es 2016 in der Ukraine 17.000 neue HIV-Infektionen und 240.000 Menschen mit HIV, von denen fast 40% antiretrovirale Therapie erhielten.