Von EUvisDisinfo – Jahre europäischen Horrors (EUvsDisinfo, 25.1.2018)
Vor fast fünf Jahren, am 18. August 2013, wurde ein Video unter dem Titel „Horror. Die Legalisierung von Inzest in Europa“ (auf Russisch) auf YouTube veröffentlicht.
Es erinnert in der Tat an einen Horrorfilm: Langsam erzählt eine bedrohliche Stimme, dass europäische Staaten und vor allem Skandinavien sich in Richtung der Legalisierung von Inzest bewegen und sogar „Inzestphobie“ unter Strafe stellen würden.
In Wirklichkeit ist Inzest in EU-Staaten verboten.
Bis jetzt wurde das Video über 8.600 Mal auf Facebook geteilt. Als es im November letzten Jahres auf Facebook gepostet wurde, bekam es ein ganz neues Leben und ein neues Publikum für seine Desinformation. Die Tatsache, dass es in vielen Kommentaren als Propaganda angesehen wird, hält andere nicht davon ab, es zu teilen.
Die Geschichte ist aus Screenshots von Artikeln zusammen gekratzt, deren Überschriften eigentlich das Gegenteil von dem aussagen, was die Desinformation behauptet—beispielsweise „Isländische App mit dem Ziel zur Vermeidung von Inzest“—oder Filmmaterial wie Polizei hart gegen Proteste durchgreift, die mit dem Thema nicht zusammenhängen.
Eine Warnung
Das Video verblüfft seine Zuschauer mit verdrehten Zahlen wie „38 500 Kinder, die in Deutschland gegen ihren Willen gleichgeschlechtlichen Paaren übergeben wurden“. Wir konnten schon früher beobachten, wie es exakt derselbe Fake bis nach Georgien geschafft hatte. Und das kommt nicht überraschend: Wenn das YouTube-Video die älteste Version dieser Geschichte ist, ist die Meldung schon seit fast fünf Jahren online. Genug Zeit für eine Desinformation, Wurzeln zu schlagen. Die Botschaft ist klar: Eine Warnung, dass, wenn man den Weg der demokratischen Werte unterstützt, dies unaufhaltsam zu moralischem Verfall und einer Katastrophe führen wird. Und diese Botschaft ist eine der Favoriten der kremlfreundlichen Desinformationskampagne.
Aber effektive Wiederlegung kann Versuche, die sozialen Medien für Desinformation zu nutzen, erheblich behindern. Diese Woche widerlegte die Polizeibehörde von Dnipropetrowsk die Desinformation, wonach ein ukrainischer Polizist ein Profilbild auf Facebook mit einer Nazi-Uniform veröffentlichte. Tatsächlich hat diese Person nie für die Polizei gearbeitet.
Internationales Recht verzerren
Die Komplexität des internationalen Rechts macht es zu einer der einfachsten Quellen für die Kreierung kremlfreundlicher Desinformationen. Diese Woche behauptete Russlands Außenminister, Russland habe nie das Budapester Memorandum verletzt. Seine Argumentation: Russland habe niemals Atomwaffen gegenüber der Ukraine benutzt oder mit deren Benutzung gedroht.
Klingt überzeugend? Tatsächlich legt das Budapester Memorandum dar, dass „die Vereinigten Staaten von Amerika, die Russische Föderation und das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland ihre Verpflichtung gegenüber der Ukraine in Übereinstimmung mit den Prinzipien der CSCE (Kommission für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) nochmals bestätigen und die Unabhängigkeit und Souveränität sowie die existierenden Grenzen der Ukraine respektieren“—was Russland mit der Annexion der Krim eindeutig verletzt hat.
Zweitens hat der russische Präsident schon bestätigt, dass Russland bereit war, seine Atomwaffen während der Spannungen in der Ukraine und auf der Krim in kampfbereiten Zustand zu versetzen.
Legale Subjektivität
Sogar westliche Medien können ihr Publikum mit Berichten über die Krim verwirren. Diese Woche beschrieb ein Artikel von Euronews, wie die russische Armee auf der Krim Kinder im Legen und Entschärfen von Landminen als Teil einer „Rekrutierungskampagne“ ausbilde. Der Artikel erklärte nicht den Hintergrund der russischen Annexion der Krim, und berichtete nicht, dass Russland die Separatisten im Krieg in der Ukraine unterstützt. Die jetzige Version des Artikels räumt ein, dass „die Krim, die als geopolitischer militärischer Stützpunkt für Moskau gesehen wird, im Jahr 2014 von der Ukraine annektiert wurde“. Sie beschreibt auch, wie die Europäische Union und die USA veranlasst wurden, „Sanktionen gegenüber Russland wegen dieser „illegalen“ Aktion“ zu verhängen“. Wir erinnern daran, dass die Generalversammlung der Vereinten Nationen eindeutig festgestellt hat, dass die Aktionen Russlands auf der Halbinsel ebenso wie das in der Autonomen Republik Krim abgehaltene Referendum gegen internationales Recht verstoßen.
Von EUvisDisinfo – Jahre europäischen Horrors (EUvsDisinfo, 25.1.2018)