Von Sarah Hurst (@XSovietNews), für StopFake, Übersetzung: StopFakeDE
Jedes Jahr berichten russischen Staatsmedien über die Verbreitung der „Unsterblichen Regimenter”-Märsche in der ganzen Welt, in denen Menschen orangefarbene und schwarze St. Georgsbänder tragen, sowjetische Fahnen schwenken und Schilder mit Bildern ihrer Verwandten tragen, die im Zweiten Weltkrieg getötet wurden und dabei „patriotische” Lieder singen. In diesem Jahr haben die russische Nachrichtenagentur TASS und die russische Botschaften über Veranstaltungen in Seoul, Buenos Aires, Johannesburg, Lusaka, Sydney und Washington D.C. vor dem Weißen Haus getwittert.
Außerhalb Russlands und der Ukraine ist nicht allgemein bekannt, dass das St. Georgsband, das vermeintlich den Sieg der UdSSR. im Zweiten Weltkrieg darstellen soll, auch ein Symbol für Wladimir Putins Aggression gegen die Ukraine ist. Dieses Symbol wurde und wird von den Kämpfern auf der russischen Seite getragen. Auch ist allgemein nicht bekannt, dass das „Unsterbliche Regiment” nicht vor einigen Jahren als Basisbewegung in Russland begann, sondern mittlerweile zu einem obligatorischen Massenereignis in Moskau und anderen russischen Städten geworden ist, welches von russischen Behörden organisiert wird und die Teilnehmer dabei mit zufälligen Bildern von „Verwandten” ausgestattet werden, deren Bilder nach den Märschen direkt weggeworfen werden.
Spannungen in Minsk, Kiew und Duschanbe
Stalin-Bilder sind auch häufig bei solchen Veranstaltungen zu sehen, einschließlich heute in Minsk, wo sich die Behörden zunächst geweigert haben, die Genehmigung für den Marsch des Unsterblichen Regiments zu erteilen. Nach Beschwerden einer Organisation namens „Junges Russland”, aber änderten die Behörden ihre Meinung, berichtet der Fernsehsender Belsat. Die Minsker Behörden haben die Teilnehmer des Unsterblichen Regiments darum gebeten, an einer Gedenkfeier zum Gedenken an den Zweiten Weltkrieg teilzunehmen, aber die Organisatoren haben wütend reagiert, dass „eine getrennte Aktion dazu beiträgt, die ideologischen Grundlagen des Unionsstaates Belarus und Russland zu untergraben” und haben Belarus des „Nationalismus” beschuldigt. Rund 1.000 Menschen nahmen am Marsch teil, berichtete Radio Liberty.
In Kiew fand auch ein Marsch des Unsterblichen Regiments mit ukrainischen Flaggen statt. Eine andere kleine Gruppe parodierte sie, indem sie Schilder mit Bildern von Charakteren aus World of Warcraft hoch hielten, während anderswo in der Stadt Nationalisten grüne Chemikalien und Fäkalien auf den Kopf von Konstantin Vorobiev, dem Vertreter der russischen Regierungsorganisation Rossotrudnichestvo, warfen. Vorobiev gilt dabei als Organisator des Marsches. Mitglieder der rechtsextremen C14-Gruppe behaupteten, dass die Teilnehmer des „Unsterblichen Regiments“-Marsches jeweils 400 Griwna (etwa 15 Dollar) erhalten hätten, berichtet Euroradio.fm. Während des Marsches selbst, wurde einem Mann die Nase gebrochen, möglicherweise wieder von Nationalisten. In Odesa wurden zwei Personen bei dem Marsch des Unsterblichen Regiments festgenommen, weil sie Ruhm „für Präsident Putin” gerufen hatten, und zwei andere für das Tragen von St. Georgsbändern (welches in der Ukraine verboten ist), laut Berichten von Dumskaya.net.
In Duschanbe, der Hauptstadt Tadschikistans, nahmen heute etwa 500 Menschen an einem Marsch des Unsterblichen Regiments teil, obwohl er von den Behörden aus Sicherheitsgründen verboten wurde, berichtete Akhbor. Die lettische Kurstadt Jurmala, verweigerte ebenfalls die Genehmigung für einen Marsch des Unsterblichen Regiments mit der Begründung, die Organisatoren hätten sich zu spät beworben, berichteten russische Medien. Die Organisatoren antworteten, dass sie sich rechtzeitig beworben hätten und dass die Begründung nur ein Vorwand gewesen wäre. Das kann sein, aber es ist sehr ironisch, dass Putin versucht, die Rede- und Versammlungsfreiheit weltweit für seine Propaganda zu nutzen, während er genau die gleichen Ausreden verwendet, um jegliche Versammlungen der Opposition zu verbieten und selbst die mildesten Kritiker seines Regimes einzusperren.
Es wurde an Donbas-Terroristen in London erinnert
Einer der berüchtigtsten Vorfälle bei einem Marsch des Unsterblichen Regiments ereignete sich letztes Jahr, als der Blogger Adam Garrie in London Porträts der toten Terroristen „Givi“ und „Motorola“ trug, die am Krieg in Donbas teilnahmen, bevor sie ihre Nützlichkeit überdauern. Danach beschwerte sich Garrie, dass das Foto von ihm auf dem Marsch von Facebook zensiert worden war, es wurde von Facebook entfernt, weil das Foto gegen Gemeinschaftsstandards verstoßen hat. „Dieses Jahr, wegen des Kampfes gegen den Faschismus, der derzeit in Donbas stattfindet, sagte der Führer der Volksrepublik Donezk, Alexander Zakharchenko, dass die Menschen zusätzlich Bilder der gefallenen Helden [sic] des Volkskrieges gegen die faschistische Aggression des im Februar 2014 installierten ukrainischen Post-Coup-Regimes tragen können“, schrieb Garrie auf der pro-russischen Webseite The Duran am 10. Mai 2017.
„Die westliche Mainstream-Medienmaschine, zu der auch die Firmeninhaber von Facebook gehören, sind verrückt im Tatsachen vertuschen, dass das ukrainische Regime ein faschistischer Aggressor ist, der in den letzten drei Jahren Tausende (meist Zivilisten) in Donbas ermordet hat”, fuhr Garrie fort. Ein Beitrag vom selben Tag (wie Garries Artikel) von Paul Daghlian mit dem Foto ist jedoch immer noch auf Facebook zu sehen, mit dem Kommentar, „Der große Patriot, Russophiler und Humanist Adam Garrie führt einen Marsch des Unsterblichen Regiments durch London”. Daghlian — anscheinend ein Trump-Fan in Oregon — hat einen neuen Link auf seiner Seite zu einem Artikel in Russland Insider namens: „Wie Neocons amerikanische Juden gegen Russland verwandelten”.
Garrie tritt auch regelmäßig bei RT auf und ist jetzt Direktor einer weiteren Pro-Kreml-Webseite Eurasia Future. Er hat 7.597 Anhänger auf Facebook. Er ist ein Fan des Präsidenten von Philippinen, Rodrigo Duterte (bekannt für seine Todesschwadronen, die verdächtige Drogenkonsumenten hinrichten), der am 5. Mai twittert: „Denken Sie daran, jedes Mal, wenn ein so genannter ausländischer Journalist Duterte beleidigt, beleidigt eine solche Person auch Millionen und Abermillionen seiner Anhänger. Wir gewinnen und wir werden gewinnen”.
Im Februar dieses Jahres schrieb Garrie bei Eurasia Future: „Es ist ein Jahr her, dass Kommandant Michail Sergejewitsch Tolstykh, besser bekannt durch sein Rufzeichen Givi, vom ukrainischen Regime brutal ermordet wurde, während er in seinem bescheidenen Büro in Donezk saß. Während seiner Zeit als Kommandant des Bataillons Somali der Volksrepublik Donezk, war er für seine furchtlose Haltung, seinen persönlichen Charme und einen Sinn für Humor berühmt, der den Menschen um ihn herum bekannt war, während er auf dem Schlachtfeld gefürchtet war”. Garrie postete dabei ein Video über Givi von dem britischen Pro-Kreml-Blogger Graham Phillips, der ukrainische Kriegsgefangene gequält und Waffen in Donbas abgefeuert hat, sowie mit einigen der bekanntesten russischen Terroristen posiert und eine Medaille vom FSB erhalten hat.
Geringe Teilnehmerzahl
In diesem Jahr begann der Marsch des Unsterblichen Regiments in London am 9. Mai um 14 Uhr auf dem Trafalgar Square. Das Vereinigte Königreich ist sehr streng, wenn es darum geht, Kindern nicht zu erlauben, die Schule für Ausflüge und Familienferien zu verpassen, und bestraft sogar Eltern wegen unbefugter Abwesenheit. Aber die Organisatoren des Marsches ermutigten die Eltern, ihre Kinder für die Veranstaltung aus der Schule zu nehmen und stellten sogar eine Vorlage zur Verfügung, in der sie um Erlaubnis baten. „Ich schreibe Ihnen, um um Ihre Erlaubnis zu erbitten, da es eine einmalige Gelegenheit ist, sie an der zweiten Veranstaltung dieser Art in London teilnehmen zu sehen”, schlugen Organisatoren vor, dass die Leute im Namen ihrer Töchter oder Söhne schreiben. Es gab keinen Grund, warum die Veranstaltung nicht am Wochenende stattfinden konnte, wie viele andere auf der ganzen Welt, obwohl — besonders da Montag ein Feiertag in Großbritannien war. Etwa 40-50 Personen nahmen daran teil, darunter mehrere Kinder, und Adam Garrie hat auf seiner Facebook-Seite Live-Videos von der Veranstaltung gepostet.
Gestern in Prag hat ein russischer Blogger im Exil Rustem Adagamov eine Frau konfrontiert, die die Fahne der „Donezker Volksrepublik” und ein Foto mit Menschen, die Heil-Hitler-Grüße geben sollen, die sie als „ukrainische Faschisten” bezeichnete. Adagamov erkannte die Herkunft des Bild von einem nationalistischen „Russischen Marsch” in Moskau im Jahr 2007. Obwohl die Frau wütend reagierte, legte sie das Foto weg, schrieb der Blogger auf Twitter.
Russland geht ein
Russlands eigene Ereignisse zum Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs werden mit jedem Jahr sowjetischer. Zusätzlich zur Durchführung von Militärparaden auf dem Roten Platz und in Städten in ganz Russland, gibt es auch Paraden in der so genannten „Volksrepublik Donezk” und der so genannten „Volksrepublik Luhansk”, die im staatlichen Fernsehen ausgestrahlt werden, als ob sie in Russland selbst stattfinden, wobei Veteranen des Krieges gegen die Ukraine gefeiert werden. Heute rühmte sich TASS, dass fast 14.000 Menschen das Lied „Victory Day” in Krasnojarsk sangen und damit einen Rekord aufstellten. Unterdessen wurden 23 Mitglieder eines linken Blocks in Moskau festgenommen, weil sie mit einem Banner, das Putin einen Faschisten nannte, marschierten und riefen „Kein Krieg in der Ukraine”.
Russland wirbt auch stark für einen neuen Film namens Sobibor über die sowjetische Befreiung des deutschen Todeslagers in Polen. Putin wurde heute von Benjamin Netanyahu aus Israel und Aleksandar Vucic aus Serbien bei der Siegesparade begleitet, und hielt eine Rede darüber, wie der Holocaust nicht vergessen werden sollte, und dass er nicht zulassen würde, dass die Geschichte umgeschrieben wird. Aber Putins einziger wirklicher Nutzen für die Gräueltaten und Tragödien des Zweiten Weltkriegs besteht darin, aus ihnen politisches Kapital zu machen. Nach der Parade schlossen Putin, Netanyahu und Vucic sich dem Marsch des Unsterblichen Regiments im Zentrum von Moskau an, wo vor vier Tagen Hunderte von Teilnehmern an „Er ist nicht unser Zar”–Protesten verhaftet wurden, und einige von Leuten in Kosakenuniformen mit Peitschen geschlagen wurden.