Artikel im Abschnitt ‚Kontext‘ sind keine Fälschungen. Wir veröffentlichen sie, um unseren Lesern einen besseren Einblick in die Techniken, Methoden und Praktiken der russischen Regierung in ihrem Informationskrieg zu geben.


Von EU vs Disinfo

Die Hauptwelle der Desinformationsnarrative in dieser Woche ist wenig überraschend mit dem Angriff auf ukrainische Schiffe in der Nähe des Asowschen Meeres verbunden. Aber lassen Sie uns nicht direkt zu den Beispielen der Schiffe kommen. Stattdessen lassen sie uns die Nachrichten mit dem vom Analysten Ben Nimmo entwickelten Ansatz untersuchen. Nimmo zufolge stützt sich die russische Propaganda weitgehend auf vier Taktiken: Verzerren, Ablenken, verwerfen und bestürzen.

Die von Russia Today veröffentlichten Geschichten haben deutliche Anzeichen einer Verzerrung der Tatsachen, da sie besagen, dass „ukrainische Schiffe illegal in russische Gewässer im Schwarzen Meer eingedrungen sind“, während in Wirklichkeit der bilaterale Vertrag zwischen Russland und der Ukraine die Nutzung der Meerenge von Kertsch und des Asowschen Meeres regelt, das als „Binnengewässer“ sowohl Russlands als auch der Ukraine betrachtet wird.

Russische Medien vermuteten auch, dass der Vorfall „eine bewusste Provokation der ukrainischen Behörden“ sei, mit dem Ziel, „einen diplomatischen Streit“ zu schaffen, der zu einer Verschärfung der Sanktionen gegen Moskau führen würde. Das ist etwas merkwürdig, denn die ukrainischen Schiffe fuhren „in Übereinstimmung mit den Bestimmungen aller wirksamen multilateralen und bilateralen internationalen Verträge und Navigationsregeln“, so die Ukraine. Und die Seerechtskonvention der Vereinten Nationen (UNCLOS) besagt, dass „alle Schiffe, auch ausländische Kriegsschiffe, nach internationalem Gesetz das Recht auf „harmlose Durchfahrt“ innerhalb des Hoheitsmeeres eines anderen Staates haben“.

Kein Rammen? Aber es gibt ein Beweisvideo

Die pro-Kreml Seiten lenken das Publikum auch vom Hauptthema abRussland schießt auf ukrainische Boote und erobert die Schiffe und Besatzungen. Stattdessen zielen sie auf den Präsidenten der Ukraine, Petro Poroschenko: Washington hat Poroschenko aufgefordert, diese „Meeresprovokation“ gegen Russland zu starten, um „das Putin-Trump-Treffen zu verhindern“ und „ der ukrainische Präsident Petro Poroschenko nutzt die Kertsch-Provokation für einen Staatsstreich“. In Wirklichkeit aber hat das ukrainische Parlament eine Resolution angenommen, mit der die Präsidentschaftswahlen auf den 31. März 2019 angesetzt wurden.

Die Zurückweisung der Kritiker hat auch ihren Platz unter der Sonne des Kreml-Infokrieges gefunden. Es wurde behauptet, dass die russischen Schiffe „in ihrer technologischen Entwicklung“ so weit vorangekommen seien, dass siedas Rammen nicht als Taktik verwenden. Dieses Beispiel beweist erneut, wie wichtig es ist, die Nachrichten zu lesen – schauen Sie sich einfach dieses Video über das Rammen an.

Aber was ist mit dem vierten Aspekt in Ben Nimmos Ansatz? Nun, natürlich ist die Bestürzung des Publikums verbreitet und tritt auch in pro-Kreml Medien auf – es gibt zahlreiche Beispiele für Desinformationsmeldungen über die Ukraine, die bereits seit 2014 bekannt sind und die immer noch verwendet werden.

Versuche, die deutsche Twitter-Spähre zu verschmutzen

Russische Desinformation ist nicht nur auf die eigenen Medien angewiesen, um ihre Erzählungen über die Ukraine zu verbreiten. Twitter wurde so intensiv genutzt, dass Russia Today und Sputnik mehr Verbreitung zeigten als einige der deutschen Qualitätsmedien zusammen genommen.

Zwischen Sonntag und Dienstag erwähnten mehr als 10.000 deutschsprachige Tweets von 3.000unique Accounts“, die Ukraine, fast alle davon im Zusammenhang mit der Konfrontation im Asowschen Meer. Trotz der großen Gesamtzahl der Twitterer hat eine kleine Gruppe von 30 Konten bisher einen wesentlichen Teil der Debatte bestimmt.

Diese 30 Accounts wurden als förderlich für pro-russische und/oder rechtsextreme Ansichten identifiziert und sind höchstwahrscheinlich weitgehend automatisiert. Die Konten zielen mit einer Mischung aus maßgeschneiderten Falschinformationen auf die deutsche Twitter-Sphäre ab, zum Beispiel die Berichte von Sputnik Deutschland über das angebliche „massive Artilleriefeuer“ der Ukraine in Wohngebieten im Donbas (70.000 Twitter-Impressionen) oder die Geschichte des angeblichen „Geständnisses“ der gefangenen ukrainischen Soldaten (150.000 Twitter-Impressionen).

Betrachten wir unterdessen die mehreren offiziellen deutschen Accounts, die eine „politische Lösung“ fordern – diese Twitter-Aktivitäten finden kaum Beachtung.


Von EU vs Disinfo