Unter Bezugnahme auf den Dokumentarfilm The Battle for Dnipro des estnischen Journalisten Krister Paris erklärte die Online-Publikation Ukraina.ru, dass Bewohner der ostukrainischen Stadt Dnipro (ehemals Dnipropetrowsk) sehr starke, pro-russische Einstellungen zeigen. Ukraina.ru behauptet daraus schlussfolgernd, dass die Stadt buchstäblich am Rande der sogenannten russischen Welt stehe, 50 Prozent der Bevölkerung hätten ihre ehemals pro-ukrainischen Ansichten aufgegeben und würden ihre Sympathie für Russland nicht mehr verheimlichen, während ein großer Teil der Bevölkerung die UdSSR unterstütze. Diese Behauptungen sind aber manipulativ, was wir im Nachfolgenden verdeutlichen wollen:
Die neuesten Umfragedaten verschiedener Meinungsforscher zeichnen jedoch ein grundsätzlich anderes Bild. Die Meinungsumfrage des National Democratic Institute vom Juli 2018 ergab, dass 80 Prozent der in der Zentralukraine lebenden Ukrainer, einschließlich der Region Dnipropetrowsk, den Einfluss Russlands auf die Ukraine für negativ halten. Die östlichen Regionen spiegeln diese Stimmung auch wider, da die überwiegende Mehrheit der Befragten Russland mit Aggression assoziiert. 73 Prozent sagten, dass sie auf die Rückkehr der östlich besetzten Gebiete der Ukraine hoffen, nur eine sehr kleine Minderheit, knaptt drei Prozent der Befragten gaben an, eine Union mit Russland zu unterstützen.
Nach Angaben des Kiewer Internationalen Instituts für Soziologie würden 53 Prozent der Einwohner von Dnipro für die Unabhängigkeit stimmen, wenn heute ein Referendum zur Unabhängigkeit stattfinden würde, nur 19 Prozent würden dagegen stimmen. 12 Prozent unterstützen den Beitritt zur russischen Zollunion, 47 Prozent die Integration in die Europäische Union.
Eine weitere Meinungsumfrage, die aktuelle Umfrage des Rating Sociological Service, zeigt, dass die Mehrheit der südukrainischen Einwohner (einschließlich der Region Dnipropetrowsk) die Integration in die Europäische Union unterstützt – dies sind 35% Prozent, während nur 27% die russische Zollunion unterstützen.
Eine Umfrage des Institute of Sociology, welche im Juli 2018 in Dnipro durchgeführt wurde, ergab, dass eine Mehrheit Russland als Aggressor betrachtet. Es zeigt, dass doppelt so viele der Befragten die EU unterstützen. In Zahlen ausgedrückt, 34 Prozent sprechen sich für die EU, gegenüber 16 Prozent für die Zollunion mit Russland aus. 46 Prozent bereuen die Auflösung der UdSSR nicht, 44 Prozent sind nostalgisch gegenüber der Sowjetunion, und zwei Drittel betrachten Russland als Aggressor.
Zur Einordnung: Pro-russische Gefühle sind heute in Dnipro viel niedriger als in der Zeit von 2014 bis 2015, sagt der Regionalsprecher der „Partei Macht des Volkes“ Taras Yurtschenko. Dies werde durch die Tatsache unterstützt, dass die Region die größte Anzahl von Menschen im Krieg in der Ostukraine verloren hat. „Ich sehe nur eine zunehmende patriotische Stimmung“, sagte er.
Obwohl es immer noch einige pro-russische Gefühle in der Stadt gebe, gibt es nur wenige, die diese öffentlich behaupten, sagt Artem Romanyukov, der Vorsitzende der Dnipro Bürgerorganisation Citizens‘ Control. Es gibt keine Organisation, die offen pro-russische Ansichten in der Stadt verbreiten würde. „Die Menschen sind mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, so dass radikale pro-russische Stimmungen untergehen“, sagt er.