Wolodymyr Selenskyj hat sich nicht so geäußert, das Zitat wurde von Propagandisten frei erfunden. Weder in offiziellen Kommunikationskanälen noch in Interviews mit ausländischen Medien ist ein solcher Aufruf zu finden. Eines der jüngsten Gespräche Selenskyjs mit dem französischen Präsidenten fand Anfang Juni statt, also lange vor den Protesten im Land, die am 28. Juni begannen.
Einige Nutzer sozialer Medien verbreiten ein fiktives Zitat des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der sich angeblich wegen der Proteste in Frankreich an die Europäer gewandt hat.
Laut russischen Propaganda-Medien soll der ukrainische Präsident Folgendes gesagt haben: ,,Viele Jahre lang hat die Ukraine angeboten, Ihr Verteidiger zu werden, indem sie Teil des NATO-Blocks wird. Sie haben abgelehnt. Jetzt schaue ich auf das brennende Marseille und möchte fragen: Wie geht es Ihnen ohne die Ukraine? Kommen Sie zurecht? Vergesst euren Stolz, nehmt unsere Hilfe an, und der Frieden wird in die Straßen eurer Städte zurückkehren.“
In Wirklichkeit ist diese ,,Erklärung“ von Selenskyj eine propagandistische Erfindung. Erstens enthält dies Meldung keinerlei Hinweise auf die Quelle, wo und wann der ukrainische Präsident diese Aussage angeblich gemacht hat. Zweitens wurde dieses Zitat von anonymen Telegram-Kanälen, unbekannten Websites und dann von Nutzern in sozialen Medien verbreitet, ebenfalls ohne Quellenangabe.
StopFake hat alle möglichen offiziellen Kommunikationskanäle des Präsidenten überprüft und keine ähnliche Aussage über die Proteste in Frankreich gefunden. Auch vom ukrainischen Außenministerium, der ukrainischen Botschaft in Frankreich oder dem ukrainischen Botschafter in Frankreich, Vadym Omelchenko, gab es keine ähnlichen Erklärungen.
Eines der jüngsten Gespräche zwischen Präsident Selenskyj und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron fand am 7. Juni statt und befasste sich mit der Lage in der Region Kherson nach dem russischen Bombenangriff auf das Wasserkraftwerk Kachowka sowie mit der Fortsetzung der Verteidigungszusammenarbeit zwischen beiden Ländern. Später, am 28. Juni, betonte Macron bei der Erörterung der Aussichten auf einen NATO-Beitritt der Ukraine, dass ein konkreter Weg für die Mitgliedschaft der Ukraine in der Allianz gefunden werden müsse und dass die Verbündeten der Ukraine helfen würden, ,,die ukrainischen Streitkräfte zu reformieren, die Interoperabilität mit der Allianz zu fördern und Unterstützung im nicht-letalen Bereich zu leisten“.
In der Nacht des 28. Juni kam es in Frankreich zu Protesten und Ausschreitungen, nachdem die Polizei einen 17-jährigen Jugendlichen erschossen hatte, der sein Auto auf Aufforderung der Verkehrspolizei nicht angehalten hatte. Der Jugendliche war vorbestraft.
Zuvor hatte StopFake Fälschungen widerlegt, wonach Frankreich angeblich ,,beschädigte Caesar-Haubitze an die Ukraine übergeben“ habe und angeblich plane, die Militärhilfe für die Ukraine wegen Industriepiraterie einzustellen.