Der russische Präsident Wladimir Putin lässt in Deutschland mehrere Nachrichtenkanäle betreiben. Foto: Action Press
Von Julian Röpcke – Studie zu „RT Deutsch“ und anderen Kreml-Propagandisten Die Internet-Allianz von Putin-Trollen und Rechtsextremen, (Bild-Online, 23.6.2017)
Gibt es Verbindungen zwischen deutschen Rechtsextremen und Putins Troll-Armee?
Die Unterstützer der russischen Staatsnachrichten „RT Deutsch“ und „Sputnik Deutschland“ sowie der pro-russischen Plattform „Newsfront“ zeigen bei ihren Twitter-Konten eine enge Nähe zu Leuten, die rechtsextremes Gedankengut verbreiten oder Fans der AfD sind.
Zu diesem Schluss kommt die Studie „Die Verstärker des Kremls in Deutschland“ der wissenschaftlichen Denkfabrik „DFR Lab“. Sie erforschte das soziale Netzwerk Twitter mit modernsten Methoden und wird am Donnerstagabend vorgestellt.
Das bedeutet auch: Kreml-Accounts teilten ausländerfeindliche Einstellungen und Rechtsextreme wiederum die Kreml-Propaganda.
Der Bericht nennt die Accounts mit Namen und belegt seine Funde anhand von Screenshots der geteilten Inhalte sowie der Anzahl der jeweiligen Retweets, Follower-Zahlen und Posts der aktivsten Putin-Unterstützer.
Kreml-Botschaften und AfD-Propaganda
Während die meisten rechten RT-Deutsch-, Sputnik- und „Newsfront“-Unterstützer bei Twitter anonym unterwegs sind, gibt es einige Nutzer, die unter Klarnamen agieren. Einer von ihnen: der niedersächsische AfD-Mann Bernd Luge.
In der Studie heißt es: Der AfD-Mann aus Stade, der 2016 Kandidat bei der Kreistagswahl war, sei „einer der aktivsten Verstärker von RT Deutsch und Sputnik Deutsch“ und habe in den beiden Beobachtungszeiträumen November 2016 und April 2017 „Hunderte Tweets beider Zweige geteilt“.
AfD-Programm und Putin-Propaganda der russischen Staatskanäle träfen sich in seiner Twitter-Timeline direkt, da der Niedersachse nicht nur RT-Nachrichten und Ähnliches verbreite, sondern auch für die „Russlanddeutschen in der AfD“ werbe.
Trolle erzeugen gezielt viel „heiße Luft“
Doch die Studie fand noch mehr heraus. Die Kreml-treuen Twitter-Kanäle „RT Deutsch“, „Sputnik Deutschland“ und „Newsfront“ zeichneten sich durch ihr „hohes Maß an Hingabe“ ihrer Follower aus.
„DFR Lab“ belegt dies anhand von Zahlen: Im April 2017 erwähnten Twitter-Nutzer deutsche Nachrichtenseiten durchschnittlich 2,2 bis 3,4 Mal.
Ganz anders bei den deutschsprachigen russischen Twitter-Accounts: „RT“ Deutsch sei pro Nutzer durchschnittlich sechsmal, „Sputnik Deutschland“ sogar 7,5 Mal erwähnt worden. Also etwa dreimal so häufig wie der deutsche Durchschnitt bei Twitter.
Weitere Computer-Analysen zeigen:
► Die jeweils zehn aktivsten Twitter-Unterstützer von „Sputnik Deutschland“ und „RT Deutsch“ machten einen Großteil aller Erwähnungen der beiden Twitter-Kanäle aus. Und zwar 14,9 bzw. 15,4 Prozent.
Zum Vergleich: Bei der Deutschen Presse-Agentur und dem Account der Zeitung „Die Welt“ seien es dagegen nur 5,4 bzw. 4,2 Prozent. Auch andere deutschsprachige Dienste liegen den Analysen zufolge in diesem Bereich.
Bedeutet für die Macher der Studie: Der Twitter-Verkehr der Kreml-Accounts wird offenbar gezielt von einer „kleineren, aber engagierteren Gruppe von Nutzern“ erzeugt.
Mit-Autor Ben Nimmo zu BILD: „Ihre Tweets sind wie heiße Luft, die einen Ballon aufblasen: Sie sorgen dafür, dass die Twitter-Kanäle größer und wichtiger aussehen als sie wirklich sind.“
Menschen, „Bots“ und „Cyborgs“ twittern für den Kreml
► Die Studienmacher verweisen auch auf ein relativ neues Phänomen, nämlich die „Hybridität der Pro-Kreml-Twitter-Accounts“.
Ben Nimmo zu BILD: „Dieser Tage sehen wir viele ‚Cyborg‘-Accounts, die genauso viel twittern wie automatische Bots, aber mit einem Teil menschlicher Einflussnahme. Die Unterscheidung zwischen Bots und Menschen wird damit immer komplizierter.“
► Ein Beispiel sei der Account „petra“, der seit 2011 durchschnittlich 91 Tweets pro Tag produziere. „Die große Mehrheit davon – aber nicht alle – sind Retweets und die Verbreitung von Schlagzeilen“, erklärten die Studien-Autoren.
► Andere Accounts mit bis zu 392 Posts für „Russia Today“ (Deutsch und Französisch) am Tag, 92 Prozent davon Retweets, seien hingegen klar automatisiert.
Auch bei Kreml-Unterstützern, die überwiegend selbst twitterten, zeige sich anhand des extremen Ungleichgewichts von Followern und eigenen Tweets der hybride Status, also die Mischung aus extremer Hingabe und teilautomatisierten Tweets.
Von Julian Röpcke – Studie zu „RT Deutsch“ und anderen Kreml-Propagandisten Die Internet-Allianz von Putin-Trollen und Rechtsextremen, (Bild-Online, 23.6.2017)